Das EU-Parlament wird versuchen, noch einzelne von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen vorgeschlagene Kommissare zu verhindern.
Brüssel/Wien. Jeder hat eine Vergangenheit. Und die Wahrscheinlichkeit, dass 26 Kommissarskandidaten alle eine einwandfreie Vita vorweisen können, ist unwahrscheinlich. Deshalb werden die EU-Abgeordnete vor ihren Hearings der künftigen Kommissare Archive aufsuchen. Zumindest bei vier Kandidaten werden sie dort dunkle Flecken finden, die entweder nicht oder nicht ausreichend aufgeklärt sind.
Die rumänische Sozialdemokratin Rovana Plumb war eine Vertraute des inzwischen inhaftierten Ex-Parteichefs Liviu Dragnea. Für ihn soll sie laut Korruptionsermittlern eine Donau-Insel rechtswidrig umgewidmet haben, damit sie Dragnea als privates Anglerparadies nutzen konnte. Dank ihrer parlamentarischen Immunität konnte sie den Untersuchungen bisher entgehen.
Frankreichs Kandidatin Sylvie Goulard musste wegen Scheinbeschäftigungen in ihrer liberalen Partei schon als Verteidigungsministerin zurücktreten. Offen ist noch, wofür Goulard ein Beraterhonorar von monatlich 10.000 Euro von einer Denkfabrik bezogen hat.
Polens Kandidat Janusz Wojciechowski soll wiederum als EU-Abgeordneter der Regierungspartei PIS Reisespesen nicht korrekt abgerechnet haben. Die EU-Antibetrugsbehörde Olaf untersucht den Fall derzeit.
Bei Ungarns Kandidat Lázló Trócsányi finden sich keine solche Unregelmäßigkeiten. Er wird sich aber dafür verantworten müssen, als Minister die umstrittene Justizreform vorangetrieben zu haben, die einer der Gründe für das EU-Rechtsstaatsverfahren gegen seine Heimat war. (ag./wb)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2019)