Türkei: EU-Mitgliedschaft "technisch" 2014 möglich

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Eine neue Studie prognostiziert den positiven Ausgang der Beitrittsverhandlungen mit Ankara und verweist dabei auf Investitionen von bis zu 900 Mio. Euro pro Jahr von der als Unterstützung der EU.

Die Türkei will ein Auslaufen der Beitrittsverhandlungen nicht hinnehmen. Auch wenn angesichts zahlreicher blockierter Kapitel im kommenden Jahr ein Patt bei den Gesprächen mit Brüssel droht, will Ankara seine Vorbereitungen fortsetzen. Anfang 2014 werde die Türkei, technisch gesehen, reif für den Beitritt sein, kündigte Europaminister Egemen Bağiş an. Er will, dass sein Land bis dahin alle notwendigen Reformen umsetzt, um für eine Übernahme von EU-Recht gerüstet zu sein. Dies soll auch für jene Bereiche geschehen, in denen es noch keine Verhandlungen mit Brüssel gibt. „Von 2014 an werden wir in der EU den Konsens suchen“, um die Mitgliedschaft zu ermöglichen. Alle 27 Mitgliedstaaten müssen einer Aufnahme zustimmen.

900 Millionen pro Jahr an Hilfe

Eine neue Studie der Europäischen Stabilitätsinitiative (ESI) prognostiziert einen positiven Ausgang der Beitrittsverhandlungen. ESI ist eine Denkfabrik, die vom österreichischen Soziologen Gerald Knaus geleitet wird und von mehreren privaten Geldgebern, darunter die Rockefeller-Stiftung und die Erste-Bank, finanziert wird. ESI listet zwar mehrere Problemfelder, wie etwa die negative Stimmung in einigen Mitgliedstaaten, auf. Doch die Studie verweist auch darauf, dass viele Fakten für eine Aufnahme sprechen. So habe die EU bereits sehr viel in die Vorbereitung des Landes auf die Mitgliedschaft investiert. In Ankara arbeite mittlerweile die weltweit größte Delegation der EU-Institutionen mit 137 Mitarbeitern. Bis 2012 wird die EU die jährliche Vorbeitrittshilfe auf 900 Millionen Euro pro Jahr anheben.

ESI geht davon aus, dass die großen Problem der Beitrittsverhandlungen technisch relativ leicht zu lösen sind. Dies betrifft etwa die geforderte Umsetzung des Ankara-Protokolls, mit dem der Freihandel auch auf die Republik Zypern ausgeweitet würde. Dies könnte auch ohne Durchbruch bei den Zypern-Gesprächen geschehen, wenn es in der Türkei den politischen Willen dazu gäbe. Andererseits würde eine Aufhebung der Visapflicht für türkische Staatsbürger durch die EU wie „Viagra auf den Beitrittprozess wirken“.

Der Bericht geht davon aus, dass letztlich beiderseitige Interessen den Ausschlag für einen Beitritt des Landes zur EU geben werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16. November 2010)

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