Demons: Nicht alles, was Gold ist, glänzt für die Rumänen

Demons Nicht alles Gold
Demons Nicht alles Gold(c) EPA (ROBERT GHEMENT)
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Es wäre die größte Goldmine Europas, doch für den Betrieb wären pro Jahr 5000 Tonnen hochgiftiges Zyanid nötig. Weil sich immer mehr Protest regte, hat Premier Ponta das Projekt nun vorerst abgeblasen.

Belgrad/Bukarest.Vom Glanz des Goldes hat sich Rumäniens wankelmütiger Premier Viktor Ponta am Ende doch nicht blenden lassen: Völlig überraschend erklärte der Sozialist, dessen Regierung der größten Goldmine Europas eigentlich den Weg ebnen wollte, nach tagelangen Protesten in mehreren Städten am Montag kurzerhand das Aus für das Projekt. Die Prozedur zur Beendigung der seit 16 Jahren mit viel Kapital verfolgten Förderpläne müsse nun schnell erst im Senat, dann im Unterhaus in Angriff genommen werden, sagte der Regierungschef. „Es gibt den klaren politischen Willen, das Projekt abzulehnen."
300 Tonnen an Gold und 1600 Tonnen an Silber hoffte das Konsortium Rosia Montana Gold Corporation (RMGC) per Tagbau in einem bisher ungekannten Ausmaß im Herzen der Karpaten zu fördern.

Gusenbauer im Direktorium

In dem verschlafenen Dorf Rosia Montana hat die zu 80 Prozent vom kanadischen Bergbau-Multi Gabriel Resources - in dessen Direktorium sitzt übrigens Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer - kontrollierte RMGC in den vergangenen Jahren dreistellige Millionenbeträge für den Aufkauf von Grundstücken und seine Lobbyarbeit investiert: Kritiker sprechen angesichts der seltsamen Kehrtwenden mancher Würdenträger auch von Korruption. Schon die Römer hatten in dem 110 Kilometer südlich von Cluj gelegenen Karpatental nach Gold geschürft. Unter Maria Theresia entwickelte sich Rosia Montana (Goldbach) im 18.Jahrhundert zur einträglichsten Goldmine der Habsburgermonarchie. Der im sozialistischen Rumänien eingeführte Tagbau erwies sich nach der Wende als wenig profitabel: 2006 wurde die defizitäre staatliche Mine stillgelegt. Doch schon 1997 hatte der Staatskonzern als Juniorpartner des kanadischen Großinvestors die RMGC gegründet: Für deren Lockruf des Karpatengoldes sollten nicht nur die das Tal säumenden Berggipfel, sondern auch der Großteil von Rosia Montana weichen.
Mit einem Ertrag in mehrfacher Milliardenhöhe und der Aussicht auf 900 Arbeitsplätze versucht das Konsortium schon seit Jahren die zweifelnde Öffentlichkeit und zaudernde Entscheidungsträger für sich zu gewinnen. Offenbar umsonst. Es war vor allem der nötige Einsatz von jährlich 5000 Tonnen Zyanid zur Auswaschung des Edelmetalls, der besorgte Rumänen in ungewohnt großer Zahl auf die Barrikaden trieb.
Erst 13 Jahre ist es her, dass in einer Goldmine bei Baia Mare in Nordrumänien der Damm im Auffangbecken für den Zyanidschlamm brach. Die hochgiftige Brühe schwappte in Theiss und Donau - und sorgte wochenlang für das größte Fischsterben, das Südeuropa bis dahin erlebt hatte. Die in Rosia Montana geplante Abbautechnik entspreche schärfsten EU-Normen und sei mit der in Baia Maru nicht zu vergleichen, versichern die Betreiber.

Präsident wollte Volk befragen

Eine umstrittene Gesetzvorlage der Regierung von Premier Viktor Ponta, der in der Opposition stets gegen das Projekt gewettert hatte , ließ die RMGC zunächst neue Morgenluft wittern: Dem Konzern sollte sogar das Recht zu Enteignungen eingeräumt werden. Dazu sei die Regierung genötigt gewesen, sonst hätten ihr Entschädigungsklagen in Milliardenhöhe gedroht, hatte Ponta die selbst vom zuständigen Staatssekretär als „verfassungswidrig" klassifizierte Vorlage gerechtfertigt. Als Premier müsse er für Investitionen sorgen, als Abgeordneter werde er aber dagegenstimmen, hatte er erst gemeint. Nun sagt er auch als Premier Nein.
In merkwürdigen Verrenkungen übten sich auch andere Würdenträger. Für den leeren Staatssäckel wären die erhofften Milliarden zwar von Vorteil gewesen, die Entscheidung zum Zyanidabbau wurde aber auf das Parlament abgewälzt. Auch Präsident Traian B?sescu, der lange als ranghöchster Lobbyist des Großprojekts galt, erklärte sich zuletzt für „neutral" und schlug eine Volksbefragung vor: Laut jüngsten Umfragen wären die meisten Rumänen für die Versilberung des Karpatengolds gewesen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.09.2013)

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