"Eher Todesurteil als Beruf": Das gefährliche Leben von Journalisten in Mexiko

Die Fotos ermordeter mexikanischer Journalisten.
Die Fotos ermordeter mexikanischer Journalisten.(c) Reuters
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Mexikanische Journalisten protestieren gegen die vorherrschende Gewalt im Land. Heuer wurden bereits sechs Journalisten ermordet.

Nach dem Mord an weiteren zwei Journalisten in Mexiko haben zahlreiche Kollegen ein Ende der Gewalt gegen Medienvertreter gefordert. Am Unabhängigkeitsdenkmal schrieben sie am Dienstag "Sie töten uns" und "Nein zum Schweigen" auf den Asphalt. Die Journalisten zogen später weiter zum Sitz der Generalstaatsanwaltschaft. Auf Transparenten war zu lesen: "Das schlimmste Verbrechen ist das Schweigen" und: "Stoppt die Aggressionen gegen Journalisten".

Am Montag waren innerhalb weniger Stunden zwei Journalisten in Mexiko getötet worden. In der Drogenhochburg Sinaloa erschossen Unbekannte den Korrespondenten der Zeitung "La Jornada", Javier Valdez. Er hatte vor allem über das organisierte Verbrechen in der Heimat des vor kurzem an die USA ausgelieferten Drogenbosses Joaquin "El Chapo" Guzman berichtet. "Sein Tod ist ein schwerer Schlag für den Journalismus und die Öffentlichkeit in Mexiko. Die Stille breitet sich im Land aus", hieß es in einer Stellungnahme des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ). Kurz darauf eröffneten Angreifer im Bundesstaat Jalisco das Feuer auf das Auto von Jonathan Rodriguez Cordova und töteten den jungen Reporter. Seine Mutter, die stellvertretende Geschäftsführerin der Wochenzeitung "El Costeno de Autlan", wurde schwer verletzt.

2017 bereits sechs Journalisten getötet

"Die Regierung verurteilt die Gewalttaten gegen Journalisten", sagte Innenminister Miguel Angel Osorio Chong. Er kündigte Maßnahmen zum Schutz von Medienvertretern an. "Wir werden uns dieser Situation annehmen, die der Berufsgruppe und der ganzen Gesellschaft schadet."

Angesichts der jüngsten Welle der Gewalt gegen Journalisten forderte auch die Europäische Union rasche und transparente Ermittlungen. "Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte ein Sprecher von EU-Außenbeauftragter Federica Mogherini am Dienstag in Brüssel. "Die Welle von gezielten Tötungen und Angriffen auf Journalisten in Mexiko gibt Anlass zur Sorge", sagte der EU-Sprecher. "Die mexikanischen Behörden sollten Journalisten effektiv schützen und die Straflosigkeit bei Verbrechen gegen Journalisten und Aktivisten beenden."

"Eher Todesurteil als Beruf"

Seit Jahresbeginn wurden in Mexiko sechs Journalisten getötet. Das macht das Land zu der gefährlichsten Region für Reporter weltweit, noch vor Syrien und dem Irak. "In Mexiko Journalist zu sein, ähnelt eher einem Todesurteil als einem Beruf", sagt die Direktorin der Menschenrechtsorganisation Amnesty International in Mexiko, Tania Reneaum. "Der Mord an Javier zeigt, dass kein Journalist sicher ist."

Nach Einschätzung des Washington Office on Latin America (WOLA) verstärkt die Untätigkeit der Behörden die Gewalt noch: "Ohne ernsthafte Ermittlungen und Strafen sendet die mexikanische Regierung die Botschaft, dass Angriffe auf Journalisten ungesühnt bleiben."

Die Grenzen zwischen organisierter Kriminalität und Politik sind in Mexiko fließend. Das macht das Land so gefährlich für all jene, die über Missstände berichten. "Die politische Klasse ist eine Tochter der Drogenkartelle, intolerant, gefährlich, mächtig", sagte Valdez im vergangenen Jahr in einem Interview der Zeitung "Reforma". "Ich fürchte die Regierung mehr als die Narcos."

(APA/dpa)

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