Taiwan erlaubt Homo-Ehe

Große Freude bei den Aktivisten nach der Urteilsverkündung in Taiwan.
Große Freude bei den Aktivisten nach der Urteilsverkündung in Taiwan.(c) APA/AFP/SAM YEH (SAM YEH)
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Als erstes Land in Asien hat die Insel die gleichgeschlechtliche Ehe für legal erklärt. Unterstützung kommt selbst von Konservativen.

Peking/Taipeh. Jay Lin kann sein Glück kaum fassen. „Auf diesen Moment haben wir Jahrzehnte lang hingearbeitet“, sagt der in Taiwan berühmte Aktivist und Gründer des schwul-lesbischen Filmfestivals und schnappt vor Aufregung nach Luft. „Endlich haben wir diesen Moment erreicht“, sagt einer seiner Mitstreiter.

Mit Regenbogenfahnen hatten sich bereits am frühen Mittwochmorgen Hunderte Aktivisten vor Taiwans Parlamentsgebäude versammelt, um die Urteilsverkündung des Verfassungsgerichts abzuwarten. Jubel brandete aus, als das Urteil schließlich kam: Das bislang geltende Verbot gleichgeschlechtlicher Ehe verstoße gegen die Gleichberechtigung und den in der Verfassung verankerten Schutz der Menschenwürde, urteilten die Obersten Richter. Taiwan ist damit das erste Land in Asien, dass die Homo-Ehe für legal erklärt. Die Verfassungsrichter geben der Regierung und dem Parlament nun zwei Jahre Zeit, die Gesetze entsprechend anzupassen. Bleibt dies aus, wird die Homo-Ehe automatisch eingeführt.

Eine Gesetzesvorlage hat die seit einem Jahr amtierende Präsidentin, Tsai Ing-wen, bereits eingereicht. Ihre Partei, die Demokratische Fortschrittspartei, unterstützt die Ehe für alle. Auch Teile der konservativen oppositionellen Kuomintang haben sich für mehr Gleichberechtigung ausgesprochen. Seitdem die Regierung mit dem Gesetz Ernst macht, wettern zumeist christliche Gruppen gegen die Homo-Ehe. Sie haben in den vergangenen Wochen mehrfach zu Protesten mobilisiert. Diese Gruppen fordern nun eine Volksabstimmung. Laut Umfragen ist allerdings auch eine Mehrheit der Bevölkerung für die Ehe für alle.

Bewegung in China und Japan

„Das ist noch nicht allzu lange so“, berichtet ein Schwulen-Aktivist. Noch vor zehn Jahren hätte sich in der konfuzianisch geprägten Gesellschaft eine Mehrheit gegen die Ehe für alle ausgesprochen, berichtet er. Doch die Lesben und Schwulen hätten in den vergangenen Jahren intensive Lobby-Arbeit betrieben. Er verweist auf die alljährliche Schwulen- und Lesben-Parade, die inzwischen die größte Asiens ist. Taiwans Urteil könnte in anderen asiatischen Staaten Schule machen. In Hongkong, Singapur und Japan hat die Toleranz gegenüber Homosexuellen in den vergangenen Jahren ebenfalls deutlich zugenommen.

Gruppen, die für die Rechte von Homosexuellen eintreten, haben dort ähnliche Initiativen wie in Taiwan gestartet. Und selbst in China, dem Land mit den zahlenmäßig meisten Schwulen und Lesben der Welt, gibt es Stimmen selbst innerhalb der kommunistischen Führung, die sich für eine Legalisierung der Homo-Ehe aussprochen haben. In Südkorea hingegen, das neben Taiwan ebenfalls den Ruf einer Musterdemokratie genießt, hat ein Militärgericht am Mittwoch einen Offizier wegen einvernehmlichen Sex mit einem anderen Soldaten zu sechs Monaten Haft verurteilt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.05.2017)

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