Ankara hat mindestens 50 Klöster, Kirchen und Friedhöfe der syrisch-orthodoxen Christen beschlagnahmt und dem islamischen Religionsamt übergeben. Dieses könnte die Kirchen zu Museen oder Moscheen erklären, warnen Kritiker.
Der türkische Staat hat mehrere Dutzend frühchristliche Kirchen und Klöster in Südostanatolien beschlagnahmt und teilweise in den Besitz seines islamischen Religionsamtes überführt. Das bestätigte das Gouverneursamt der Provinz Mardin jetzt gegenüber türkischen Medien, nachdem der Stiftungsrat des syrisch-orthodoxen Klosters Mor Gabriel Alarm geschlagen hatte. Nach Angaben der Gemeinde handelt es sich um mindestens 50 Klöster, Kirchen und Friedhöfe der syrisch-orthodoxen Christen, die seit der Zeit der Apostel dort leben und auch Aramäer oder Assyrer genannt werden. Kritiker sehen in der Aktion das letzte Glied einer langen Kette von Enteignungen der Christen von Anatolien.
Die Aramäer zählen zu den ältesten christlichen Völkern der Welt. Ihr Siedlungsgebiet in Südostanatolien, der Tur Abdin, ist von hunderten uralten Kirchen und Klöstern übersät, von denen einige seit mehr als eineinhalb Jahrtausenden genutzt werden. Das bekannteste Kloster, Mor Gabriel bei Midyat, stammt aus dem Jahr 397 und ist bis heute Bischofssitz. Von Armut, Unterdrückung und dem Krieg zwischen türkischem Staat und der kurdischen Untergrundorganisation PKK aus ihrem Siedlungsgebiet vertrieben, leben die meisten Aramäer heute in Westeuropa, vor allem in Deutschland und in Schweden. Im Tur Abdin selbst verbleiben nur noch knapp 2000 Christen, die sich aber nach Kräften um ihre Kirchen und Klöster kümmern; auch die europäische Diaspora trägt mit Millionensummen zur Pflege der alten Gotteshäuser bei.