Flut in Houston: In Texas brechen die Dämme

Weite Teile der texanischen Millionenmetropole Houston stehen unter Wasser. Zehntausende Menschen sind obdachlos geworden.
Weite Teile der texanischen Millionenmetropole Houston stehen unter Wasser. Zehntausende Menschen sind obdachlos geworden.(c) AFP
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Die Unwetter sorgen in USA für Kritik an Klimapolitik des Präsidenten. Hurrikan „Harvey“ zieht von Texas weiter nach Louisiana. Dort gibt es erste Evakuierungen.

Washington. Noch während die vom Wirbelsturm „Harvey“ schwer getroffene texanische Metropole Houston mit weiteren Regenfällen und ständig steigenden Wasserpegeln kämpft, nimmt der Hurrikan jetzt Kurs auf Louisiana. Die dortigen Behörden veröffentlichten am Dienstag – dem Jahrestag des Katastrophensturms „Katrina“ von 2005 – die ersten Evakuierungsappelle. Greg Abbott, Gouverneur von Texas, spricht von einer der „größten Katastrophen, die Amerika jemals erlebt hat“. Südlich von Houston, im Landkreis Brazoria, meldeten die Behörden einen Dammbruch.

In der Millionenstadt gingen die Rettungsaktionen für Tausende vom Wasser eingeschlossene Bewohner weiter. Mehr als zehntausend Nationalgardisten sind im Dauereinsatz. Allein bei der Küstenwache gehen rund tausend Notrufe pro Stunde ein.

400.000 auf Hilfe angewiesen

Ein Auffanglager für bis zu 5000 obdachlose Sturmopfer in einem Konferenzzentrum in Houston war innerhalb kurzer Zeit so überfüllt, dass die Menschen auf dem Boden schlafen mussten. Auch in Dallas wird deshalb ein Notaufnahmelager eingerichtet. Insgesamt wird mit etwa 30.000 Obdachlosen gerechnet, die versorgt werden müssen. Darüber hinaus werden mehr als 400.000 weitere Menschen wegen der Zerstörung durch „Harvey“ auf Hilfe angewiesen sein.

Präsident Donald Trump hat den betroffenen Gebieten Hilfe der Bundesbehörden zugesagt. Er war am Dienstag auf dem Weg nach Texas und wollte möglicherweise auch Louisiana besuchen. In der Öffentlichkeit regt sich Kritik an der Haltung Trumps, der Klimaschutzbestimmungen seines Vorgängers Barack Obama systematisch abschafft und die Teilnahme der USA am internationalen Klimavertrag von Paris beenden will.

Die Verwüstungen und Überschwemmungen durch „Harvey“ fachen die Debatte über den Klimawandel in den USA neu an. Experten meldeten sich mit der Einschätzung zu Wort, dass der Klimawandel einen Sturm wie „Harvey“ zwar nicht verursacht, die Wirkung von Wirbelstürmen aber – etwa wegen steigender Wassertemperaturen im Golf von Mexiko – beträchtlich erhöhen kann. Klimaforscherin Kassie Siegel vom Umweltschutzinstitut Center for Biological Diversity in Arizona, sagte der Nachrichten-Website The Hill, die Trump-Regierung werde unter dem Eindruck der Verwüstungen durch „Harvey“ umdenken müssen. Auch Umweltforscher Barry Rabe betonte, die Zerstörungen in Texas könnten selbst Skeptiker überzeugen, dass der von Menschen verursachte Temperaturanstieg Realität sei.

Von der Außenwelt abgeschnitten

Ein Ende der Sturmkatastrophe in Texas war unterdessen nicht abzusehen. Bisher wurden laut Medienberichten 14 Todesopfer gezählt, darunter sechs Mitglieder einer Familie, die in ihrem Kleinbus von den Wassermassen fortgerissen wurden. Die Polizei geht davon aus, dass weitere Leichen gefunden werden, sobald die Pegelstände sinken. Die Überwindung der Folgen der Katastrophe wird Jahre dauern und Milliardensummen kosten.

Derzeit ist jedoch nicht einmal an erste Aufräumarbeiten zu denken. Meteorologen sagen für die kommenden Tage weitere Regenfälle voraus. Dann wird auch die Flutwelle aus Flüssen im Hinterland, die durch den Regen stark angeschwollen sind, an der Küste des Golfs von Mexiko erwartet. In Houston selbst wurde Wasser aus Staudämmen abgelassen, um Dammbrüche zu verhindern – als Folge stehen auch Teile des Stadtgebietes unter Wasser, die von den bisherigen Überschwemmungen verschont geblieben waren.

Neben Houston ist das südwestlich der Stadt gelegene Einzugsgebiet des Flusses Brazos ein Schwerpunkt der Rettungsarbeiten. Entlang des Brazos steht ein Rekord-Hochwasser bevor, das nach Einschätzung der Behörden mehrere Hundert Quadratkilometer und viele Wohngebiete betreffen könnte. Zwei Gefängnisse in der Gegend wurden vorsorglich evakuiert.

Laut Medienberichten sind viele Menschen im Einzugsgebiet des Flusses schon jetzt von der Außenwelt abgeschnitten, weil wichtige Verbindungsstraßen unpassierbar sind. Die Behörden erließen Evakuierungsappelle für Teile des Brazos-Gebietes, doch Kritiker halten insbesondere den Lokalverwaltungen vor, zu lange mit den Aufrufen gezögert zu haben.

Große Sorge in Louisiana

In Louisiana, das östlich an Texas grenzt, macht sich „Harvey“ ebenfalls bemerkbar. Einige Straßen der Metropole New Orleans, die vor zwölf Jahren von „Katrina“ verwüstet wurde, stehen laut Polizei unter Wasser. In den kommenden Tagen werden in Teilen von Louisiana starke Regenfälle erwartet, die fast die Hälfte der normalen Jahresmenge an Niederschlag bringen könnten. „Uns steht das Schlimmste noch bevor“, sagte der Gouverneur von Louisiana, John Bel Edwards.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.08.2017)

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