Harvey: Trumps Einwanderungspolitik könnte Wiederaufbau torpedieren

APA/AFP/THOMAS B. SHEA
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Die texanische Baubranche ist stark auf illegale Einwanderer angewiesen. Nun wächst die Sorge, der harte Kurs der US-Regierung könnte nach der Flut zur nächsten Katastrophe führen.

Die Anti-Einwanderungspolitik von US-Präsident Donald Trump könnte nach Einschätzung von Vertretern der Baubranche den Wiederaufbau nach dem jüngsten Wirbelsturm ausbremsen. Gerade in dem von "Harvey" besonders gebeutelten Bundesstaat Texas halten sich viele Bauarbeiter und Handwerker ohne gültige Papiere auf. Weil Trumps Regierung aber landesweit immer radikaler gegen illegale Einwanderer vorgeht und in Texas zusätzlich ein besonders scharfes Landesgesetz droht, wächst die Nervosität unter Baggerfahrern, Maurern, Klempnern und Elektrikern ohne Papiere: Aus Furcht vor Festnahmen denken viele von ihnen darüber nach, dem Bundesstaat den Rücken zu kehren - oder haben es bereits getan. Doch sie erledigen traditionell gerade solche Abriss- und Bauarbeiten, die nach den Zerstörungen durch "Harvey" benötigt werden.

Der Wiederaufbau von Houston sei die Feuertaufe für die Republikaner und ihre Anti-Einwanderungspolitik, sagt Jay De Leon, der wie die meisten der zehn Angestellten seiner kleinen Baufirma illegal in den USA lebt. Die Arbeitskraft der Migranten sei nach "Harvey" unverzichtbar: "Ich glaube, dass das ohne uns nicht möglich sein wird." Doch in den vergangenen Wochen sei bereits einer seiner Angestellten nach Mexiko zurückgekehrt, sagt der 47-Jährige, der selbst seit 20 Jahren in den USA lebt und dessen zwei Kinder die US-Staatsbürgerschaft haben. Ein weiterer Mitarbeiter sei aus Texas in einen anderen Bundesstaat gezogen.

Jeder zweite Arbeiter in Texas könnte illegal sein

Hintergrund dieser Abwanderung aus dem Bundesstaat am Golf von Mexiko ist ein Gesetz, das texanischen Gemeinden die Duldung illegaler Einwanderer untersagen soll. Die neue Regelung wurde zwar von einem Bundesrichter gestoppt, kurz bevor sie am Freitag in Kraft treten sollte. Doch der texanische Gouverneur Greg Abbott hat angekündigt, in die Berufung zu gehen. Abbotts Büro reagierte nicht auf die Bitte um eine Stellungnahme zur Rolle illegaler Einwanderer beim Wiederaufbau nach "Harvey".

Die durch den Sturm entstandene Schäden an Häusern, Geschäften, Straßen und Brücken werden auf mehr als 125 Milliarden Dollar geschätzt. Der Anteil illegaler Einwanderer unter den Arbeitern der texanischen Baubranche lag im vergangenen Jahr nach einer Untersuchung der Denkfabrik Pew Research Center bei 28 Prozent, in anderen Studien ist sogar von 50 Prozent die Rede. Von sämtlichen Arbeitern ohne Papiere in Texas sind laut dem Migration Policy Institute allein 28 Prozent im Bau tätig - so viele wie in keinem anderen Industriesektor.

Die Baufirma Marek Construction, die nach eigener Auskunft keine illegalen Einwanderer einstellt, hat sich schon länger bei der Suche nach neuen Fachkräften schwer getan. Jetzt spricht Unternehmenschef Stan Marek von einer Krise. "Wir haben es mit mehreren tausend Häusern mit Flutschäden zu tun", klagt er. Dafür reiche die Arbeitskraft der legal in den USA lebenden Bauarbeiter und Handwerker in keiner Weise aus.

(Reuters/Mica Rosenberg und Dan Levine)

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