Hurrikan "Irma" hat Süden Floridas erreicht

A car drives along an empty highway in Miami before the arrival of Hurricane Irma to south Florida
A car drives along an empty highway in Miami before the arrival of Hurricane Irma to south Florida(c) REUTERS (Carlos Barria)
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"Irma" hatte zuletzt wieder an Kraft gewonnen. Mehr als 381.000 Menschen sind in Florida mittlerweile ohne Strom, 6,5 Mio. Menschen wurden aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen.

Die ersten Ausläufer des gefürchteten Wirbelsturms "Irma" haben am Sonntagmorgen (Ortszeit) die USA erreicht. Der nördliche Rand des riesigen Hurrikans traf zunächst auf die dem Festland vorgelagerte Inselgruppe der Florida Keys. Im Laufe des Tages sollte "Irma" dem National Hurricane Center (NHC) zufolge Kurs auf die am Golf von Mexiko gelegene Westküste von Florida mit Metropolen wie Tampa und St. Petersburg nehmen. Es wurde mit Sturmfluten und viereinhalb Meter hohen Wellen gerechnet. Millionen Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Zuvor hatte "Irma" - einer der stärksten gemessenen Atlantik-Stürme - Karibikinseln verwüstet und dort mindestens 22 Menschen das Leben gekostet.

Das Auge des Sturms lag 24 Kilometer südöstlich der Insel Key West. Im Vorfeld hatten die Behörden mehr als 6,3 Millionen Bewohner aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen.

Der Kurs von "Irma" hat sich weiter leicht westwärts verändert und sollte in seinem Kern etwas vor der Küste entlang ziehen. Meteorologen machten deutlich, dass das für die Küstenbewohner eine schlechte Nachricht sei, schaufele der Sturm so doch mehr Wasser auf die Küste. Von Fort Myers bis hoch nach Tampa bereiteten sich die verbliebenen Menschen auf das Schlimmste und bis zu 4,5 Meter hohe Sturmfluten vor.

Die ersten Ausläufer des Hurrikans führten zu Stromausfällen in mehr als 190.000 Haushalten in dem südöstlichen US-Bundesstaat. Mittlerweile sind 381.000 Menschen ohne Strom, berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Experten schätzten, dass mehr als eine Million Menschen ohne Strom sein könnten, wenn der Hurrikan Florida durchquert hat. Mehr als 70.000 Menschen hatten am Samstag bereits Zuflucht in Notunterkünften gesucht.

Entgegen ursprünglicher Annahmen könnte der wieder erstarkte Sturm nicht die Spitze der Südostküste des Bundesstaates treffen - hier liegt etwa die Stadt Miami - sondern die Westküste. Die US-Tageszeitung "New York Times" berichtete, dass nun einige Städte, die von der geänderten Route des Sturms betroffen seien, keine Notfallpläne angefertigt hätten und darum kämpften, Notunterkünfte zu organisieren. Die Zeitung schrieb weiters, dass nun nicht Miami oder die Westküstenstadt Tampa besonders betroffen sein könnten, sondern St. Petersburg, die Nachbarstadt Tampas.

Weil "Irma" so groß ist, werden auch auf der Ostseite Floridas schwere Schäden und Überflutungen erwartet. Für Miami und andere Gebiete auf dieser Seite gilt keinerlei Entwarnung, nur weil "Irmas" Zug auf der Halbinsel weiter westlich liegt als zunächst angenommen. Fernsehbilder aus Miami zeigten Reporter, die sich im Wind kaum auf den Beinen halten konnten.

Florida liegt in einer Zeitzone sechs Stunden hinter Österreich.

Florida Keys: Windumtostes Paradies

Wie an einer Perlenschnur aufgereiht, ziehen sich die Inseln der Florida Keys hinaus ins Meer. Die mehr als 200 Koralleninseln im Atlantik und im Golf von Mexiko bilden die Südspitze des Sonnenstaats Florida. Sie gelten als Urlaubsparadies.

Der Overseas Highway, der sich von Key Largo im Norden bis hinunter nach Key West zieht, ist die einzige Verbindungsstraße zum Festland - und gehört zu den schönsten Routen der USA. Oft sehr nah am blaugrünen Wasser, hat man das Gefühl, direkt durchs Meer zu fahren. Die Keys sind auch wegen ihres tropischen Klimas bei Touristen sehr beliebt. Die Temperaturen fallen selbst im Winter kaum deutlich unter 20 Grad Celsius.

Im mondänen Key West, auch bei Künstlern und Schriftstellern sehr beliebt, lebt rund ein Drittel der insgesamt mehr als 70.000 Einwohner der Inselkette. Von hier sind es noch 145 Kilometer nach Kuba. Es ist der südlichste Punkt des US-Festlands.

Die Florida Keys hatten in der Vergangenheit bereits oft mit schweren Stürmen zu kämpfen. Der "Labor Day Hurricane" der stärksten Kategorie fünf war im Jahr 1935 der bisher schwerste, den die Keys erlebten. Er zerstörte eine Eisenbahnlinie, die die Inseln verband. Die Überreste verrosten bis heute im Meer.

Schwere Schäden an Kubas Nordküste

"Irma" hat an der Nordküste von Kuba Überschwemmungen, schwere Schäden und Stromausfälle angerichtet. Nach Angaben des kubanischen Wetterdienstes löste der Wirbelsturm bis zu sieben Meter hohe Wellen aus. "Irma" betreffe das gesamte Staatsgebiet Kubas. Laut Fernsehberichten waren weite Teile des Zentrums und des Ostens der Insel ohne Strom.

Die Hauptstadt Havanna dürfte nur von "Irma" gestreift werden. Aus Angst vor Überschwemmungen galt aber dort und in zwei Nachbarprovinzen die höchste Warnstufe. Bewohner der Küste wurden in Sicherheit gebracht. Berichte über Opfer lagen in Kuba zunächst nicht vor. Auf seinem Weg durch die Karibik hatte "Irma" zuvor 25 Menschen in den Tod gerissen. In Kuba waren nach Behördenangaben vorsorglich mehr als eine Million Menschen in Sicherheit gebracht worden.

Reporter der Nachrichtenagentur AFP sahen in der 40.000 Einwohner zählenden Küstenstadt Caibarien die Folgen des Hurrikans. Auf den Straßen lagen Teile von Dächern, Stromleitungen und Ästen herum. Rettungs- und Feuerwehrfahrzeuge fuhren durch die Straßen.

Der örtliche Radiosender warnte die Menschen davor, die Häuser zu verlassen. Dennoch gingen einige Bewohner hinaus, um nach Freunden und Verwandten zu sehen. Auch Fahrradfahrer waren unterwegs.

Erleichterung auf St-Barthélemy und Saint-Martin

Erleichterung herrschte unterdessen auf Saint-Barthélemy und Saint-Martin: Das Zentrum von Hurrikan "Jose", der auf "Irma" folgt, hat die Karibikinseln verschont und zog in der Nacht auf Sonntag im Norden an den Inseln vorbei. Frankreichs Wetterdienst Météo-France hatte für die französischen Überseegebiete die höchste Sturm-Warnstufe ausgerufen. Doch kurz vor Mitternacht (Ortszeit) kam die Entwarnung: Das Zentrum des Hurrikans der zweithöchsten Kategorie vier liege 125 Kilometer nördlich von Saint-Martin. Die Auswirkungen auf die Überseegebiete seien damit weniger gravierend, teilte Météo-France mit. Es wurden Windstärken von bis zu 60 Kilometer pro Stunde gemessen. Die Wellen waren mit drei Meter Höhe ebenfalls weniger hoch als zunächst befürchtet.

Die Lokalbehörden hatten an Samstag eine nächtliche Ausgangssperre angeordnet. Die bei Touristen beliebten Inseln waren vor wenigen Tagen von Hurrikan "Irma" schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. In den französischen Überseegebieten starben mindestens neun Menschen. Saint-Martin ist der nördliche Teil einer Insel, der südliche gehört zu den Niederlanden.

Auswärtiges Amt richtet Krisenstab ein

Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, es stehe in engem Kontakt mit den US-Behörden. Zudem sei eine Notfallnummer für Anrufer aus Deutschland (030-5000-3000) geschaltet worden. Für Anrufer aus den USA sei die Botschaft in Washington erreichbar (001-202-298-4000). Dort sei auch ein Krisenstab eingerichtet worden, und in Atlanta kümmere sich ein regionales Team um die Belange von Bundesbürgern.

Experten gingen davon aus, dass Sturm und Überschwemmungen massive Schäden anrichten werden. Die Versicherer stellten sich auf ein Volumen von 15 bis 50 Milliarden Dollar ein. "Einen so katastrophalen Sturm hat unser Bundesstaat noch nie erlebt", sagte Floridas Gouverneur Rick Scott. "Beten Sie für uns", bat er in einem Interview mit ABC News.

Das NHC wechselte je nach Entwicklung von "Irma" zwischen den Kategorien vier und fünf. Seit 1851 wurden die USA erst drei Mal von einem Hurrikan der höchsten Stufe getroffen. Zudem ist "Irma" laut Katastrophenschutz deutlich größer als "Andrew", der 1992 als bislang letzter Sturm der Kategorie fünf die USA traf.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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