Republik Moldau: Eine Perspektive mit vier Beinen

Maria und ihr Sohn Viktor bekamen von Concordia eine Kuh mit einem Kalb.
Maria und ihr Sohn Viktor bekamen von Concordia eine Kuh mit einem Kalb.Erich Kocina
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Mit Tierspenden unterstützt der Sozialverein Concordia Menschen in der Ex-Sowjetrepublik dabei, auf eigenen Beinen zu stehen – und nicht auswandern zu müssen.

Ghetlova. Viktor lächelt. Für einen bald Siebenjährigen sieht er noch sehr klein aus, als wäre er gerade erst fünf geworden. Das Stück Schokolade, das ihm die Besucher mitgebracht haben, hat er gerade aus dem Papier gewickelt und sich in den Mund gesteckt. Da steht er, ist mit dem Kauen beschäftigt und schaut abwechselnd auf den Boden oder in Richtung der Besucher, denen seine Mutter gerade die Situation hier schildert. Hier, das das ist Hulboaca, ein kleines Dorf, das zur Gemeinde Ghetlova im Herzen der Republik Moldau gehört. Sieben Kinder hat Maria Mutelike, Viktor war das fünfte, vor knapp zwei Jahren kamen mit Andrean und Daniel noch Zwillinge dazu.

16 Jahre war sie alt, als sie geheiratet hat. Kurz darauf war das erste Kind da. Nadja, mittlerweile 19 Jahre alt, ist nicht mehr allzu oft hier. Sie hat einen Job gefunden, arbeitet als Erzieherin auswärts. In Ghetlova hätte sie keine Arbeit bekommen. Und das ist auch das wohl größte Problem hier. Es gibt nicht viel. Keine Arbeitsplätze, kaum öffentlichen Verkehr, um in einen der nächstgrößeren Orte zu kommen, ja nicht einmal gepflasterte Straßen führen zu dem Haus, in dem die 36-Jährige mit ihrer Familie lebt. Ein wenig Geld kommt herein, wenn ihr Mann für ein paar Tage irgendwo eine Beschäftigung hat. Tätigkeiten irgendwo in der Nachbarschaft, viel mehr ist nicht zu finden.

Dass die Familie in einer solchen Situation zusammenbleibt, ist in der Republik Moldau nicht die Regel. Viele versuchen, im Ausland einen Job zu finden. Auf dem Bau in Russland. Als Kofferträger in Frankreich. Egal was, egal welche Qualifikationen man eigentlich hätte. Hauptsache weg, irgendwohin, wo es so etwas wie eine Perspektive gibt. Zurück bleiben oft Kinder und Alte, die davon abhängig sind, dass ein Elternteil Geld aus dem Ausland schickt. Von dort, wo viele hinwollen. Denn hier, in der ehemaligen Sowjetrepublik, eingeklemmt zwischen Rumänien auf der einen und der Ukraine auf der anderen Seite, ist die Erwartungshaltung nicht allzu hoch.

Zwischen Europa und Russland

Politisch ist man hin- und hergerissen zwischen Europa und Russland. Ökonomisch hat es das kleine Land kaum geschafft, nach dem Ende der UdSSR auf die Beine zu kommen. Vom Armenhaus Europas ist die Rede, wenn es um Moldau geht. Von mehr als vier Millionen Einwohnern zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit ist das Land geschrumpft. An die drei Millionen sind es nun nur mehr – zieht man noch die rund 700.000 Bewohner der abtrünnigen Republik Transnistrien ab, gehen die Schätzungen herunter auf bis zu 2,2 Millionen. Wer kann, schaut, dass er wegkommt.

Familie Mutelike ist hier geblieben. Für das Überleben sorgen Tagesjobs des Vaters – und die Kuh, die Maria melkt und mit deren Milch sie Butter und Käse macht. Eine Kuh, das ist für die Familie die Grundlage zum Leben. 2012 haben sie eine gekauft – 12.000 Lei mussten sie dafür bezahlen, ungefähr 580 Euro. Doch allzu lang hatten sie keine Freude damit – denn das Tier wurde krank. Nur knapp zwei Jahre später mussten sie es weggeben. 2000 Lei bekamen sie noch dafür.

Mit der Milch einer Ziege hielten sie sich eine Zeit lang über Wasser. Ehe im Februar 2017 Concordia Hilfe brachte. Das österreichische Sozialprojekt, das sich um vernachlässigte Kinder, zurückgelassene Alte und bedürftige Familien in Rumänien, Bulgarien und Moldau kümmert, stiftete eine neue Kuh mit einem Kalb. Als Hilfe, mit der Maria und ihre Familie besser durchkommen können. Mit dem Milch und dem Käse können sie sich versorgen. Falls etwas übrig bleibt, lässt sich auch etwas davon verkaufen. Das Kalb soll, sobald es ausgewachsen ist, dann an eine weitere bedürftige Familie gehen.

Insgesamt 24 Kühe hat Concordia im Vorjahr gestiftet, dazu 2240 Vögel: Enten, Hühner und Gänse. Einer Familie gab man ein Pferd, für eine Familienkooperative gab es einen Traktor. Und einige Menschen bekamen Werkzeuge, um eine Bienenzucht aufbauen zu können. Mit diesem Unterstützungsprogramm für Kleinbauernfamilien soll es den Menschen ermöglicht werden, für den eigenen Unterhalt zu sorgen und wirtschaftlich auf eigenen Beinen zu stehen. Für Viktor und seine Geschwister bedeutet das, dass sie in der Familie aufwachsen können. Dass sie eine Perspektive haben, in Moldau überleben zu können. Und nicht darauf angewiesen sind, ihr Glück irgendwo im Ausland zu suchen.

"Die Presse" hilft!

Das Sozialprojekt Concordia hilft Menschen in Rumänien, Bulgarien und der Republik Moldau. "Die Presse" hat ein Spendenkonto eingerichtet:

Raiffeisenbank NÖ-Wien

IBAN: AT66 3200 0000 0703 4499

KW: "Die Presse Weihnachtsaktion"

Spenden an Concordia sind steuerlich absetzbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2017)

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