Wenn ein "ganzes Dorf" unter den Hammer kommt

Luftaufnahme der Siedlung Alwine
Luftaufnahme der Siedlung Alwine
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Ja hat es denn so etwas schon gegeben? Am Samstag wird die Siedlung Alwine in Brandenburg (Ostdeutschland) versteigert. Was dahinter steckt.

Am Samstag wird sich in einem Auditorium in Berlin-Friedrichstraße höchst Seltsames zutragen. Die Winterauktion steht an. Und irgendwann wird das Objekt mit der Nummer 58 aufgerufen werden. Dann wird ein „ganzes Dorf" versteigert. So ist es überall zu hören, zu lesen. Ja, hat es denn so etwas schon gegeben? In jüngerer Zeit? In Deutschland? Eher nicht. Weshalb nun Fernsehteams aus aller Welt in dieses kleine Dorf namens Alwine im Südwesten Brandenburgs pilgern, das unter den Hammer kommt. Selbst in China wurde schon darüber berichtet.

Dass ein „ganzes Dorf" versteigert wird, muss man mit ein wenig Augenzwinkern lesen. Streng genommen handelt es sich bei Alwine um eine „Siedlung mit Dorfcharakter", die zu einem von 21 Orten zählt, die gemeinsam die 5500-Seelen-Gemeinde Uebigau-Wahrenbrück bilden. Für den künftigen Herrn über Alwine hat das aber den Vorteil, dass ihm kein Alwine-Bürgermeister in die Quere kommen kann. Den gibt es nämlich gar nicht. Und so streng muss man das mit dem Dorf auch nicht sehen. Alwine liegt einsam und verschlafen am Rande eines Waldstücks. Ein kleines Dörfchen eben, das seine besten Jahre allerdings schon hinter sich hat. Das legen die Bilder nahe – schon das Straßenschild ist verrostet -, und auch die Höhe des Mindestgebots, das bei gerade einmal 125.000 Euro liegt.

120 Kilometer weiter, in den hipperen Berliner Gegenden, würde das kaum für eine Einzimmerwohnung reichen. Alwine aber besteht aus zwei Mehrfamilienhäusern, fünf Doppelhäusern, einem Zweifamilienhaus, einem Einfamilienhaus, zwei großen Nebengebäuden und etwa zehn Schuppen und Garagen. So steht es im Auktionsangebot. Das wäre dann alles – Alwine 100 bis 106 (wobei Alwine 101 gibt es offenbar nicht).

"Man sieht, hier wurde viele Jahre nichts gemacht"

Matthias Knake vom Auktionshaus Karhausen hat sich in der Siedlung mehrmals umgeschaut. „Man sieht schon, dass dort viele Jahre nichts gemacht wurde." Zwei Brüder hatten das 16.871 Quadratmeter große Grundstück nach der Wende erworben, einer von ihnen ist nun schwer erkrankt und verstorben. Deshalb wurde nicht mehr viel gemacht. Wegen des Sanierungsbedarfs zahlen die momentan 15 Siedlungsbewohner derzeit im Schnitt auch nur etwa zwei Euro Miete pro Quadratmeter, in Summe 15.000 Euro statt der einst vertraglich vereinbarten 30.000.

Man braucht also schon ein bisschen „Geld in der Hinterhand". Das Medienecho übersteigt deshalb bisher auch jenes möglicher Bieter. „Aber wer kann schon von sich sagen, dass er ein ganzes Dorf besitzt?", sagt Knake, der am Samstag der Mann mit dem Hammer sein wird, der Auktionator. Mindestens vier Kamerateams werden ihn dann beobachten.

15 Bewohner also zählt Alwine heute. Platz für Zuzug gebe es. Theoretisch. Einst hatte die Siedlung rund 50 Bewohner, unter anderen Kumpels, die zu DDR-Zeiten im nahen Braunkohletagebau schufteten. Inzwischen deutet sich in Alwine aber an, was vor allem in Ostdeutschland zum großen Problem geworden ist: das langsame Dorfsterben. Aber vielleicht ändert der neue Eigentümer ja etwas daran.

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Das Mindestangebot für die Siedlung liegt bei 125.000 Euro. Die Auktion findet am 9. Dezember statt.

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