Nordkorea: Immer mehr Geisterschiffe an Japans Küsten angespült

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Heuer entdeckte die japanische Küstenwache bereits mehr als 100 Fischerboote mit Toten an Bord. Dass die Zahl steigt, könnte an den Sanktionen gegen Pjöngjang liegen.

An Japans Westküste ist erneut ein verlassenes Schiff mit Toten entdeckt worden, die vermutlich aus Nordkorea stammen. Wie die japanische Küstenwache in der nördlichen Provinz Aomori am Donnerstag bekannt gab, handelt es sich um vier zum Teil skelettierte Leichen. Das gekenterte Holzboot war auf dem Meer entdeckt und in einen Hafen gezogen worden.

Seit Jahren werden an der japanischen Küste immer wieder Dutzende Fischerboote, teils voll mit Leichen, an Land gezogen. Die sogenannten Geisterschiffe stammen höchstwahrscheinlich aus Nordkorea. Insbesondere in den Wintermonaten, in denen oft stürmisches Wetter herrscht, häufen sich die Fälle. In diesem Jahr sind es jedoch so viele wie lange nicht mehr: Die japanische Küstenwache zählte bereits mehr als hundert angetriebene Fischerboote.

Experten vermuten, dass die auffallende Häufung mit den internationalen Sanktionen gegen Nordkorea wegen dessen Atom- und Raketentests zusammenhängen. Der UN-Sicherheitsrat hat sie gerade erst erneut verschärft. So werden Lieferungen unter anderem von Benzin, Diesel und Schweröl an Nordkorea auf ein Viertel der erlaubten Menge begrenzt. Hinzu kommt ein Exportverbot auf Lebensmittel und Agrarprodukte, Maschinen, elektrische Geräte, Gesteine und einige Mineralien, Holz sowie auf Schiffe. Es könnte also Lebensmittelknappheit sein, die Nordkoreas Fischer zwingt, mehr Fische zu fangen und dafür weiter auf das Japan-Meer hinauszufahren.

Nordkoreas Fischer wildern in japanischen Gewässern

Die Zeitung der nordkoreanischen Arbeiterpartei, Rodong Sinmin, soll nach japanischen Berichten kürzlich die heimische Fischerei zu Höchstleistungen angetrieben haben. Allerdings soll Nordkorea aus Devisenmangel Fischereirechte im Gelben Meer, dem Japan-Meer und anderen Gebieten an chinesische Schiffe verkauft haben. Aus diesem Grunde könnten nordkoreanische Fischer nicht in eigenen nahen Gewässern fischen, berichtete Japans größte Tageszeitung "Yomiuri Shimbun". Da das nordkoreanische Militär den Fischern aber bestimmte Fangmengen aufgezwungen habe, würden die Fischer mit ihren kleinen, für die küstennahe Fischerei gedachten Boote, bis in Japans exklusive Wirtschaftszone hinausfahren, um dort illegal Fische zu fangen.

Die kleinen Holzboote verfügen jedoch über keine modernen Navigationsgeräte, die Motoren sollen zudem in schlechtem Zustand sein. Wenn sie ausfallen, treiben die Fischer hilflos auf dem Meer ab. Da auch die Öleinfuhren von den Sanktionen betroffen sind, könnte es zudem sein, dass die ohnehin nicht sonderlich hochseetüchtigen Boote ohne ausreichend Treibstoff auslaufen. Im schlimmsten Fall treiben die Fischer so in den Tod. Auch die am Donnerstag entdeckten Leichen auf einem zwölf Meter langen Boot vor der Küste der Provinz Akita lassen vermuten, dass die Menschen schon länger tot waren.

Im vergangenen Monat hatten es acht Nordkoreaner jedoch lebend bis nach Japan geschafft. Sie hatten angegeben, auf Tintenfischfang gewesen zu sein, als ihr Motor kaputt ging. Sie baten darum, nach Nordkorea zurückkehren zu dürfen. Japan kam der Bitte diese Woche nach. In einem anderen Fall hatte Japans Polizei drei ebenfalls angetriebene nordkoreanische Fischer verhaftet. Sie sollen eine Fischerhütte auf einer unbewohnten Insel im Norden Japans, wo die Männer nach der Strandung Zuflucht gesucht hatten, geplündert haben. Gegen den Kapitän des Bootes wurde am Donnerstag Anklage erhoben.

(APA/dpa/Lars Nicolaysen)

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