Hochwasser in Deutschland: Binnenschifffahrt fast unmöglich

Die Mosel in Bernkastell-Kues ist nur einer von vielen Flüssen Deutschlands, die derzeit Wassermassen in die Städte bringen.
Die Mosel in Bernkastell-Kues ist nur einer von vielen Flüssen Deutschlands, die derzeit Wassermassen in die Städte bringen.REUTERS
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Viele deutsche Regionen stehen unter Wasser. Das Städtchen St. Blasien kämpft mit Erdrutschen, die Binnenschifffahrt ist teils eingestellt. Eine Rettungsschwimmerin kam ums Leben.

Die Hochwasserlage bleibt in weiten Teilen Deutschlands bedrohlich und zwingt zunehmend die Schiffskapitäne zu Pausen. Nach Angaben des Bundesverbandes der Deutschen Binnenschifffahrt waren am Freitag mit Rhein, Donau, Main, Mosel, Saar, Neckar und Weser sieben Flüsse zumindest abschnittsweise betroffen. So wurde auch auf dem Oberrhein die Schifffahrt eingestellt.

Weiter rheinabwärts, etwa bei Köln, könnte es am Wochenende so weit sein. Doch Meteorologen wecken nach dem regenreichen Jahresbeginn nun Hoffnung auf trockeneres Wetter: Am Sonntag bleibt es dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zufolge weitgehend niederschlagsfrei.

In der Nacht auf Freitag war die Situation im Schwarzwald-Städtchen St. Blasien besonders kritisch. Regen und Tauwetter führten zu Überschwemmungen und Erdrutschen; zwischenzeitlich drohte Katastrophenalarm. Etwa 120 Menschen kamen in einer Halle unter, die meisten konnten bis zum Morgen in ihre Häuser zurückkehren. Verletzt wurde niemand.

Tagsüber entspannte sich die Lage dann. Das Innenministerium Baden-Württemberg warnte jedoch davor, dass wegen hoher Wasserstände und durchnässter Böden auch in den nächsten Tagen noch Hänge abrutschen, Bäume umstürzen und Keller volllaufen könnten. Uferbereiche und Wälder sollten nicht betreten werden.

Frau verstorben, Mann vermisst

In Baden-Württemberg starb eine 28 Jahre alte Rettungsschwimmerin bei einer Hochwasserübung der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG). Sie ertrank am Donnerstag in der Nähe von Schwäbisch Hall im Fluss Kocher, als ihr Boot kenterte. In Frankreich wurde bei Hochwasser ein Deutscher vermisst gemeldet. Der Mann um die 70 aus Baden-Württemberg sei vermutlich an seinem Zweitwohnsitz in Rouvres-sur-Aube, nördlich von Dijon, ins Wasser gefallen, sagte die Präfektin des Verwaltungsbezirks Haute-Marne, Françoise Souliman.

In Köln, wo das Flussbett des Rheins besonders eng ist, rechneten die Experten für Sonntag mit einem Pegelstand von 8,20 bis 8,70 Metern. Die kritische Marke für Kapitäne liegt bei 8,30 Metern. "Die Schifffahrt wird auf jeden Fall eingestellt werden. Die Frage ist der Zeitpunkt", sagte ein Sprecher der Hochwasserschutzzentrale.

Anwohner in Deutschlands viertgrößter Stadt sind nicht in Gefahr. "Bebaute Gebiete im größeren Umfang sind in keinster Weise bedroht", sagte der Sprecher. Für Dienstag rechneten die Experten mit einem Höhepunkt von etwa neun Metern. Die Schutzwände in der Kölner Altstadt sind für Wasserstände von deutlich mehr als elf Metern ausgelegt.

Düsseldorf rüstet sich für Wassermassen

In Düsseldorf wurde an der Altstadt eine Schutzwand errichtet, um zu verhindern, dass Wasser vordringen kann. Auch die Feuerwehr bereitete sich auf Einsätze vor. "Sandsäcke werden gepackt, der Bestand wird aufgefüllt", sagte ein Stadtsprecher.

Auf den Rhein-Nebenflüssen Neckar und Mosel war die Schifffahrt schon vorher eingestellt worden. An der Mosel stieg der Wasserstand am Pegel Trier in der Nacht über die kritische Acht-Meter Marke. In Heidelberg wurde die B37 an der Altstadt gesperrt, weil der Neckar über die Ufer trat. In Saarbrücken wurde am Freitag die Stadtautobahn gesperrt, weil die Saar stieg und eine Überflutung drohte.

Überflutungen auch in Bayern

Auch in Bayern liefen Keller voll und Straßen mussten gesperrt werden. Im gesamten bayerischen Alpenraum herrscht erhebliche Lawinengefahr. In Schleswig-Holstein galt wegen Hochwassers ein Tempolimit für Schiffe auf dem Nord-Ostsee-Kanal.

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) erwartete bis Freitagabend Dauerregen im Schwarzwald mit 70 bis stellenweise 120 Litern pro Quadratmeter. Dazu kommt, dass Schneemassen in den Höhenlagen wegen der milden Temperaturen schnell wegschmelzen. Im Allgäu wurden Abflussmengen von 50 bis 100 Litern pro Quadratmeter bis Freitagabend erwartet.

Am Samstag ist in einem Streifen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen über die Mitte hinweg bis nach Sachsen mit Regen zu rechnen. "Etwa südlich des Mains bleibt es weitgehend trocken und Richtung Alpen auch länger sonnig", hieß es vom DWD. Zugleich wird es kälter. Am Samstag sinken die Temperaturen auf Werte zwischen zwei bis zehn und am Sonntag auf ein bis neun Grad. Hinzu komme Nordost-Wind, so dass sich die Luft im Norden wie minus zwei Grad anfühlen könne. "Das ist doch fast schon so wie richtiger Winter", meinte Meteorologe Martin Jonas.

Tief "Burglind" hatte am Mittwoch in Teilen Deutschlands orkanartige Böen und peitschenden Regen gebracht. Nach ersten Schätzungen hinterließ der erste Sturm des neuen Jahres dreistellige Millionenschäden. Der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) geht allerdings davon aus, dass "Burglind" in Deutschland deutlich weniger als eine halbe Milliarde Euro Schaden verursacht hat. Damit wäre "Burglind" zwar ein schwerer, aber kein Rekordsturm gewesen. Das Ranking der fünf schwersten Winterstürme der vergangenen 20 Jahre führt laut Verband noch immer "Kyrill" an. Der Sturm hinterließ 2007 versicherte Sachschäden in Höhe von über zwei Milliarden Euro.

(APA/dpa)

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