Kleintransporter rast in Münster in Menschenmenge, Täter war Deutscher

Polizeieinheiten riegeln den betroffenen Bereich - eine Gaststätte um Kiepenkerl - ab.
Polizeieinheiten riegeln den betroffenen Bereich - eine Gaststätte um Kiepenkerl - ab. REUTERS
  • Drucken

Drei Menschen kamen ums Leben, darunter der mutmaßliche Täter. 20 Personen wurden verletzt, sechs davon schwer. Im Tatfahrzeug soll sich ein verdächtiger Gegenstand befinden, er wird untersucht. Ein terroristischer Hintergrund wurde ausgeschlossen.

In Münster im deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen ist am Samstag ein Kleintransporter in eine Menschenmenge gerast. Drei Menschen kamen dabei ums Leben, gab der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul bekannt. Darunter befinde sich auch der Täter. "Es sind in der Summe drei", betonte Reul. Zuvor hatte das deutsche Innenministerium von vier Toten gesprochen. 

Nach Informationen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" identifizierte die Polizei den mutmaßlichen Täter. Demnach handelte es sich um einen 48 Jahre alten Mann. Er soll aus Olsberg im Sauerland stammen und schon lange in Münster gelebt haben. Seine Wohnung befindet sich angeblich unweit des Tatorts und wird durchsucht. Laut der Nachrichtenagentur dpa soll der Mann psychisch labil gewesen sein. Offiziell bestätigt wurden all diese Meldungen bislang nicht.

Fest steht, dass sich der mutmaßliche Täter noch vor Ort selbst richtete. Laut der Polizei hat er sich erschossen. Unklar hingegen ist, ob es weitere Verdächtige gibt. So kursierten Gerüchte, wonach zwei weitere Menschen aus dem Transporter gesprungen und geflüchtet seien. "Es gibt mehrere Hinweise von Zeugen, denen wir nachgehen", sagte eine Polizeisprecherin dazu.

Die Zahl der Verletzten wurden zuletzt mit 20 angegeben - zuvor war von 30, kurzzeitig auch von 50 die Rede gewesen. Sechs Personen sollen schwer verletzt worden sein, sie befinden sich derzeit im Krankenhaus.

Verdächtiger Gegenstand im Tatfahrzeug

Das Tatfahrzeug wurde durchsucht und ein verdächtiger Gegenstand sichergestellt. Er wird aktuell untersucht. Bis Klarheit herrsche - es könnte sich um Sprengstoff handeln - bleiben die umliegenden Gebäude evakuiert. In mehreren Tweets appellierte die Polizei außerdem: "Bitte keine Gerüchte" und "keine Spekulationen" zu verbreiten. "Damit unterstützt ihr uns." Das Zentrum der nordrhein-westfälischen Stadt wurde teilweise abgeriegelt. Die Polizei rief dazu auf, den Bereich - eine Gaststätte um den Bereich Kiepenkerl (siehe Infobox unten) - zu meiden.

Mehrere deutsche Spitzenpolitiker äußerten sich zu dem Vorfall. Die Bundesregierung sprach den Opfern und ihren Angehörigen ihr Beileid aus. "Furchtbare Nachrichten aus Münster", schrieb die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Samstag auf Twitter. "Unsere Gedanken sind bei den Opfern und ihren Angehörigen."

Innenminister Horst Seehofer zeigte sich bestürzt über den "schrecklichen Vorfall in Münster". "Die Polizei in Münster und in ganz NRW arbeitet jetzt mit Hochtouren an der Aufklärung des Sachverhaltes", erklärte Seehofer. Justizministerin Katarina Barley (SPD) dankte auf Twitter den Rettungskräften. "Müssen alles tun, um Hintergründe der Tat aufzuklären", schrieb sie.

Dagegen ließ die Vize-Fraktionschefin der rechtspopulistischen AfD, Beatrix von Storch, erkennen, dass sie einen islamistischen Hintergrund der Tat vermutet. "WIR SCHAFFEN DAS!", twitterte sie, ergänzt um ein Emoticon in Zornesröte, die vielzitierte Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel in der Flüchtlingskrise.

Der Bürgermeister von Münster, Markus Lewe, meinte: "Ganz Münster trauert über dieses schreckliche Ereignis." Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet äußerte sich ebenfalls bestürzt. "Ein trauriger, ein schrecklicher Tag für unser Land!", schrieb der CDU-Politiker auf Twitter. Ein Sprecher der Landesregierung in NRW teilte mit, Laschet habe auch mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel telefoniert und sie über den Stand der Ereignisse informiert.

Auch die österreichische Spitzenpolitik äußerte ihr Mitgefühl mit den Betroffenen. "Schreckliche Nachrichten aus Münster", twitterten Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Oppositionsführer Christian Kern (SPÖ) gleichlautend. "Tief betroffen" zeigte sich auch der katalanische Ex-Regionalpräsident Carles Puigdemont, der sich wegen des laufenden Auslieferungsverfahrens nach Spanien in Berlin aufhält. "Mein ganzes Mitgefühl und Solidarität den deutschen Bürgern, den Vertretern vor Ort und der Bundesregierung", twitterte er auf Deutsch.

Erst am Freitagabend war in der ostdeutschen Stadt Cottbus ein Geländewagen in eine Fußgängergruppe gerast. Zwei Menschen wurden dabei verletzt. Der Tatverdächtige soll unter Einfluss von Alkohol Polizisten beleidigt und rechtsgerichtete Parolen skandiert haben.

Münster und der Kiepenkerl

Die Stadt Münster liegt im Norden Nordrhein-Westfalens und hat gut 300.000 Einwohner. Sie zählt mit mehr als 50.000 Studenten zu den wichtigsten Universitätsstädten Deutschlands. Zudem haben Gerichte und Verwaltungseinrichtungen des Bundeslandes sowie ein katholischer Bischof dort ihren Sitz.

Der sogenannte Kiepenkerl ist ein bei Einheimischen und Touristen beliebter Treffpunkt inmitten enger Gassen. Es handelt sich bei ihm um eine Männerfigur mit Tragekorb, Pfeife, Knotenstock und Leinenkittel. Das Denkmal wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, originalgetreu wieder hergestellt und 1953 vom deutschen Bundespräsidenten Theodor Heuss eingeweiht.

Die beiden umliegenden Traditionslokale heißen Großer Kiepenkerl und Kleiner Kiepenkerl. Bei gutem Wetter sitzen und stehen dort oft zahlreiche Menschen im Freien, im Winter gibt es ein Weihnachtsdorf.

(Red./APA/AFP/dpa)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

"Warum" fragen sich viele Münsteraner nach der Amokfahrt vor dem beliebten Lokal "Kiepenkerl".
Weltjournal

Todesfahrt in Münster: Mehrere Menschen noch in Lebensgefahr

Noch sieben Patienten sind in stationärer Behandlung. Die Polizei verfolgt weiterhin die Einzeltäter-Theorie. Laut Kriminologen zeige der Täter alle Merkmale eines Amokläufers.
Nordrhein-Westfalens Regierungschef, Armin Laschet (r.), und der deutsche Innenminister, Horst Seehofer (dahinter), am Schauplatz der Attacke in Münster.
Außenpolitik

Todesfahrt von Münster: Kein islamistisches Motiv

Jener 48-jährige Deutsche, der am Samstag in der Münsteraner Altstadt drei Menschen totgefahren hatte, war polizeibekannt, galt aber nicht als gefährlich. Politischer Wirbel wegen Islam-Verdächtigungen.
Police carry restaurant table in front of the site where a man drove a van into a group of people sitting outside a popular restaurant in the old city centre of Muenster
Weltjournal

Münster: Mutmaßlicher Täter war amtsbekannt

Gegen den Mann habe es bereits mehrere Verfahren gegeben. Seine vier Wohnungen wurden in der Nacht durchsucht - die Polizei fand keine Hinweise auf einen politischen Hintergrund.
Ein Kastenwagen raste in einen Gastgarten in der deutschen Stadt Münster.
Weltjournal

Die Todesfahrt von Münster

Ein Kastenwagen raste in einen Gastgarten in der deutschen Stadt Münster. Danach erschoss sich der Fahrer. Alles deutete zunächst auf Terror hin. Doch dann stellte sich heraus: Der Täter war deutscher Staatsbürger und psychisch auffällig.
Absperrungen in Münster
Außenpolitik

Erdogan an Macron: "Das wird auch in Frankreich geschehen"

"Da, Ihr seht doch, was die Terroristen in Deutschland machen, oder?", sagte der türkische Präsident in Richtung seines französischen Amtskollegen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.