Kanada will als erstes G20-Land Marihuana legalisieren

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FILES-Canada-CANNABIS-HEALTH-MERGERAPA/AFP/LARS HAGBERG
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Am Donnerstag stimmt der kanadische Senat über die landesweite Legalisierung von Cannabis ab. Kanada wäre das erste G20-Mitglied, das Cannabis gänzlich erlaubt.

Zuerst galt es als gefährlich, dann (in kleinen Dosen) als gesundheitsfördernd, jetzt könnte es zum Geschäftsmodell werden: Kanada will am Donnerstag über die Legalisierung von Marihuana abstimmen. Und es wird erwartet, dass der Senat dem Gesetzesvorschlag, der sogenannten "Bill C-45", zustimmt. Dann wäre Kanada das erste G20-Land, das Cannabis legalisiert.

"Das wird ein bisschen ein Science-Fiction-Erlebnis", sagt Benedikt Fischer, Suchtmittelexperte in Torontos größtem psychiatrischem Spital dem "Guardian". Es sei einzigartig in der Welt, weil es erstmals in einem wohlhabenden Land passiere. "Die meisten Leute ignorieren Uruguay. Somit schaut die ganze Welt auf uns.“

Nicht nur das Gesundheitssystem wird von der neuen Regelung betroffen sein, die Legalisierung könnte die Kriminalitätsmuster im Land verändern. Wie sehr, weiß derzeit niemand genau. Nachdem Cannabis im US-Bundesstaat Colorado Marihuana 2013 legalisiert wurde, reagierte die organisierte Kriminalität und steigerte den Vertrieb von harten Drogen wie "Black Tar"-Heroin und Opiaten. In einem großen Land wie Kanada sind die Auswirkungen auf den illegalen Drogenhandel  unvorhersehbar. Die in Colorado beobachteten Entwicklungen könnten nun in verstärkter Form auftreten.

Fokus auf medizinischen Bereich

In der Behandlung von chronischen Schmerzen könnte nun Marihuana als Ersatz für Opiate eingesetzt werden. In der Schmerztherapie ist die positive Wirkung mittlerweile gut belegt. Therapeutisch dosiert bestätigen Mediziner stimmungsaufhellende, appetitanregende, schmerzstillende Effekte.

Die intensivere Cannabis-Nutzung im medizinischen Bereich könnte jedoch auch wieder mehr Opium auf den Schwarzmarkt spülen. Und obwohl die Gesundheitsdaten in Colorado einen positiven Effekt der Legalisierung andeuten, gibt es nach wie vor kaum verlässliche Daten über die tatsächlichen Auswirkungen des psychotischen Inhaltsstoffs THC: Der unkontrollierte Konsum vor allem in jungen Jahren könnte Psychosen auslösen und die Merkfähigkeit limitieren.

Der Verkauf soll von den einzelnen kanadischen Provinzen eigenständig reguliert werden. In staatlichen Liquor-Stores wird der Erwerb von bis zu 30 Gramm künftig erlaubt sein. Ob und wie heftig der Schwarzmarkt auf die Legalisierung reagiert, wird auch maßgeblich von der Preisgestaltung abhängen: Sind die Preise für Cannabis zu hoch, wird der illegale Handel kaum eingedämmt; sind sie zu niedrig, könnte das eine Welle neuer Abhängiger verursachen. Der Erfolg der Hanf-Legalisierung wird schließlich daran gemessen werden, ob Kanada es schafft, sowohl den Schwarzmarkt zu entmachten als auch illegale Dealer in das neue System zu integrieren.  

Auch in anderen Ländern angedacht

Viele Länder haben Cannabis als Medizin längst wiederentdeckt. In den meisten US-Bundesstaaten ist es in der Schmerztherapie erlaubt. In Europa steht eine Zulassung in Irland und der Türkei bevor. Die Niederlande, Tschechien und Portugal strafen den Eigengebrauch nicht mehr. Und ab 2017 legalisiert auch Deutschland die Hanfproduktion für medizinische Zwecke. Mit dem richtigen Rezept können die Deutschen dann Marihuana aus Deutschland in der Apotheke kaufen.

Zwar sind auch in Österreich bestimmte Arzneien auf Basis der Hanfpflanze erlaubt. Hierzulande sicherte sich jedoch der Staat das Monopol auf die Produktion: Lediglich die Agentur für Ernährungssicherheit (Ages) darf Hanfblüten erzeugen. Die Verarbeitung der Blüten erfolgt anschließend in Deutschland.

Immer wieder sticht in der Diskussion um die Legalisierung das Argument der Drogenkartelle: Der legale Zugang zu Cannabis könnte die Drogenmafia isolieren und sie ihrer Existenzgrundlage entziehen. In Kanada lag der Fokus in der Diskussion allerdings stets auf dessen medizinischen Nutzen. Ob dieser Fokus auch nach der Legalisierung aufrechterhalten werden kann, wird sich zeigen.

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