Mordrate in Brasilien erreicht neue Höhen

Symbolbild: Schusswaffe
Symbolbild: Schusswaffe(c) APA/ROBERT JAEGER
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Pro Tag werden allein 14 Personen von Polizisten getötet. Die Zahl der Frauenmorde ist um 6,1 Prozent angestiegen. In Brasilien hat das eine Debatte ausgelöst.

Die Zahl der Morde ist in Brasilien noch höher als bisher - das berichtet der britische "Guardian" und zitiert neue Zahlen. Demnach gab es im Jahr 2017 63.880 Morde. Das entspricht einem Anstieg der Mordrate um drei Prozent.

Daten des brasilianischen "Public Security Forum" zeigen, dass im Schnitt pro Tag allein 14 Personen von Polizisten getötet werden. Auch das ist ein Anstieg im Vergleich zum Vorjahr - sogar um 20 Prozent. Die Zahl der Frauenmorde ist ebenso gewachsen (6,1 Prozent mehr). 4539 Frauen wurden im Vorjahr in Brasilien ermordet. Doch es gibt auch immer mehr Vergewaltigungen (Anstieg um acht Prozent). 60.018 Fälle wurden dokumentiert.

"Diese Zahlen zeigen, dass wir ein ernsthaftes Problem mit tödlicher Gewalt haben", sagt Renato Sérgio de Lima, der Direktor des "Public Security Forum" gegenüber dem "Guardian". Die Mordzahlen hätten sich durch veraltete Gesetze und Polizeimethoden sowie durch den Anstieg der organisierten Kriminalität verschärft. Die meisten Opfer seien junge, schwarze Männer aus armen, städtischen Gebieten, sagt Lima.

Tod einer Frau löst Debatte aus

Es gebe in Brasilien, wie der Direktor sagt, zwei hartnäckige Phänomene - Gewalt gegen Frauen und Bandenkriminalität in Zusammenhang mit Drogen und Waffen. Erst kürzlich hat Brasilien eine Welle von Frauenmorden erschüttert - darunter der Tod der Juristin Tatiane Spitzner. Ein Opfer häuslicher Gewalt. Im brasilianischen Fernsehen wurden Bilder aus Überwachungskameras der Tiefgarage gezeigt. Darauf zu sehen sind Spitzner und ihr Mann. Er schlägt sie schon in der Garage, zerrt sie in den Lift und prügelt in der gemeinsamen Wohnung weiter auf sie ein. Minuten später ist sie tot.

Das löste, wie die "New York Times" berichtet, eine nationale Debatte über häusliche Gewalt in Brasilien aus. Fast ein Drittel der brasilianischen Frauen sind bereits einmal Opfer von Gewalt geworden. Eine 2017 landesweit durchgeführte Studie zeigte, dass mehr als die Hälfte der Täter (Ex-)Partner waren. 

"Das Video spiegelt das Gewaltausmaß, das wir dokumentiert haben, wider", sagte Maria Laura Canineu, die brasilianische Direktorin von "Human Rights Watch" zur "New York Times". In den sozialen Medien hat sich ebenso eine Diskussion entwickelt. Ein oft geteiltes Posting fordert: "Stick a spoon in", also "Steck einen Löffel hinein". Das bezieht sich auf den brasilianische Redewendung: "Wenn ein Ehepaar streitet, steck keinen Löffel hinein". Ein Streit zwischen Ehepartnern gehe, so die Bedeutung des Spruchs, Außenstehende nichts an. In dem Posting wird gefordert, mit dieser Gepflogenheit zu brechen.

Nur in vier Prozent der Fälle gibt es eine Anklage

Generell würden, sagt Elisandro Lotin, Präsident einer nationalen Polizeiorganisation, zu wenige Mörder ins Gefängnis gesteckt. Zu viele würden straffrei davon kommen. Das Rio Igarapé Institute, ein Thinktank, der sich auf Sicherheitsthemen spezialisiert hat, sagt, dass nur zehn Prozent der Morde zu einer Festnahme und nur vier Prozent zu einer Anklage führen.

"Brasilianer müssen jetzt aufwachen", sagt Rob Muggah, der Mitgründer des Thinktanks. Und weiter: "Brasiliens Behörden müssen sich dringend um die Senkung der Mordrate kümmern.” Das müsse Priorität haben.

>>> Bericht im "Guardian".

>>> Bericht in der "New York Times".

(Red.)

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