Tötungsdelikt in Chemnitz: Ein Tatverdächtiger aus U-Haft entlassen

Die rechtsgerichtete "Pro Chemnitz"-Gruppe demonstriert regelmäßig in Chemnitz seit dem Todesfall.
Die rechtsgerichtete "Pro Chemnitz"-Gruppe demonstriert regelmäßig in Chemnitz seit dem Todesfall.APA/AFP/DPA/-
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Der Anwalt nennt die Entlassung "überfällig". Der Iraker, dessen Identität lange Zeit angezweifelt wurde, sei "ohne jeden Tatverdacht" verhaftet worden.

Rund drei Wochen nach der tödlichen Messerattacke auf einen 35-jährigen Deutschen in der ostdeutschen Stadt Chemnitz ist einer der beiden inhaftierten Tatverdächtigen nach Angaben seines Anwalts vorerst auf freiem Fuß.

Nach einem Haftprüfungstermin habe das Amtsgericht Chemnitz am Dienstag den Haftbefehl gegen den 22-jährigen Iraker aufgehoben, sagte der Rechtsanwalt. Vom Gericht war zunächst keine Bestätigung zu bekommen.

Ob der zweite Tatverdächtige, ein 23 Jahre alter mutmaßlicher Syrer in Untersuchungshaft bleibt, war zunächst unklar. Auch darüber wollte das Amtsgericht noch am Dienstag entscheiden.

"Fantasiegebilde der Staatsanwaltschaft"

Der Rechtsanwalt des Irakers betonte auf seiner Homepage, es sei "ein Fantasiegebilde der Staatsanwaltschaft", dass sein Mandant einer der Mittäter gewesen sein könnte. "Kein Tatzeuge bezichtigte meinen Mandanten der Tatbeteiligung. Zeugen konnten ihn auf Lichtbildern nicht identifizieren. Die Polizei fand ein Messer mit Blutanhaftungen der Opfer. Aber Fingerabdrücke meines Mandanten befanden sich daran nicht", erklärte Rechtsanwalt Ulrich Dost-Roxin.

Die beiden Asylbewerber waren verdächtigt worden, am 26. August einen 35 Jahre alten Deutschen auf offener Straße niedergestochen und zwei weitere Männer durch Messerstiche zum Teil schwer verletzt zu haben. Als weiterer Tatverdächtiger wird ein 22-jähriger Iraker mit Haftbefehl gesucht. Nach ihm wird international gefahndet. Der Tatvorwurf lautet auf gemeinschaftlichen Totschlag.

Demonstrationen und Ausschreitungen

Im Anschluss an das Gewaltverbrechen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes war es mehrfach zu Demonstrationen von rechten Kräften und fremdenfeindlichen Übergriffen gekommen. An den Kundgebungen gegen die Migrationspolitik der deutschen Regierung hatten Rechtsradikale aus ganz Deutschland teilgenommen.

Gegen mehrere Personen laufen Ermittlungsverfahren unter anderem wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Zwei Männer sind wegen des Zeigens des Hitlergrußes bereits zu fünf Monaten Haft beziehungsweise acht Monaten auf Bewährung verurteilt worden.

Konflikt um Verfassungsschutzpräsident

Auch politisch ist Chemnitz weiterhin eines der Top-Themen. Kurz vor dem entscheidenden Gespräch der deutschen Koalitionsspitzen zur Zukunft des deutschen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen zeichnet sich kein einfacher Ausweg ab. Maaßen sei nicht mehr zu halten, sagte Kevin Kühnert, Chef der Jungen Sozialdemokraten am Dienstag n-tv - spannend sei nun, wie sich Innenminister Horst Seehofer (CSU) verhalte, der bisher an Maaßen festhält. Der frühere SPD-Chef Martin Schulz sagte sowohl Maaßen als auch Seehofer die baldige Ablösung voraus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Seehofer und SPD-Chefin Andrea Nahles beraten am Dienstagnachmittag ein weiteres Mal im Kanzleramt über Maaßens Zukunft. Bei einer ersten Zusammenkunft hatte sich die Runde am vergangenen Donnerstag vertagt. Inzwischen erneuerte Nahles die Forderung, Maaßen müsse gehen. Dagegen bekräftigte Seehofer am Wochenende, er sehe keinen Grund für dessen Entlassung. Merkels Positionierung blieb bis zuletzt unbekannt.

(Reuters)

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