In Kalifornien wüten mehrere Waldbrände, die Kleinstadt Paradise ist völlig zerstört. Mehr als 30 Menschen sind tot, Hunderte werden noch vermisst. Die Politik streitet über die Ursachen.
Los Angeles/New York. Die schlimmsten Waldbrände in der Geschichte Kaliforniens sind noch nicht gelöscht, schon streitet die Politik über die Ursachen. Präsident Donald Trump attackierte die Verantwortlichen frontal und machte ein schlechtes Management der Waldbestände für die Katastrophe verantwortlich. Jerry Brown, der demokratische Gouverneur, schoss verbal zurück. Die ansteigenden Temperaturen seien für die Anhäufung an Waldbränden verantwortlich. All jene, die einen vom Menschen verursachten Klimawandel bestritten, hätten zu der Tragödie beigetragen – ein Seitenhieb auf den Republikaner Trump, der den Klimawandel infrage stellt.
Die US-Öffentlichkeit beschäftigt vor allem die Frage, wie es passieren konnte, dass in der Kleinstadt Paradise Dutzende Menschen verbrannten. Schon vor zehn Jahren, als ein Buschbrand das Städtchen bedroht hatte, erstellten die Behörden einen detaillierten Plan für eine blitzschnelle Evakuierung der knapp 30.000 Einwohner. Doch der derzeit wütende Brand zerstörte nahezu die komplette Stadt in wenigen Stunden. Der Verkehr auf der einzigen Bundesstraße, die aus Paradise führt, brach völlig zusammen. Viele ließen ihre Autos stehen und rannten um ihr Leben. Einige von ihnen verbrannten hilflos in ihren Autos.
Schlimmstes Feuer
Die verheerendsten Waldbrände in der Geschichte Kaliforniens wüten nach wie vor auf einer Fläche von insgesamt mehr als 500 Quadratkilometern. Zwei der Feuer bedrohen die Metropole Los Angeles, ein drittes, das schlimmste, lodert nördlich von Sacramento, der Hauptstadt des bevölkerungsreichsten US-Bundesstaats. Das wahre Ausmaß der Katastrophe wird sich in den kommenden Tagen zeigen. 31 Todesopfer sind von den Behörden bestätigt. Mehr als 200 Menschen gelten als vermisst, der größte Teil davon in Butte County, jener Region, in der auch Paradise liegt.
Dabei fanden gerade in Paradise regelmäßige Übungen statt, um die Bevölkerung auf etwaige Evakuierungen vorzubereiten. Erst im vergangenen Jahr ließen die Behörden die Stadt probeweise räumen. Man war sich durchaus bewusst, dass die geografschen Gegebenheiten mit nur einer größeren Straße, die aus Paradise führt, zur tödlichen Falle werden könnten. „Ich weiß nicht, ob man überhaupt die Infrastruktur hätte schaffen können, um schnell genug zu evakuieren“, sagte Jody Jones. Die Bürgermeisterin konnte sich selbst gerade noch rechtzeitig aus dem Inferno retten.
Gottschalk-Villa abgebrannt
Rund um Los Angeles versuchen die Einsatzkräfte nach wie vor, ein Übergreifen der Feuer auf die Villen vieler Superstars zu vermeiden. Das Haus des Fernsehmoderators Thomas Gottschalk in Malibu ist bereits abgebrannt, unter den Evakuierten befinden sich auch die Sängerinnen Lady Gaga, Miley Cyrus und Cher.
Insgesamt forderten die Behörden mehr als 200.000 Menschen auf, ihre Häuser zu verlassen. Auch ein Teil von Thousand Oaks, wo in der vergangenen Woche in einer Bar zwölf Menschen einem Amokläufer zum Opfer fielen, musste teilweise evakuiert werden. Die Stadt liegt nahe dem Strand von Malibu, rund eine Stunde außerhalb von Los Angeles.
Selbst über San Francisco, rund 200 Kilometer von den Bränden in Butte County entfernt, waren am Montag dichte Rauchschwaden zu sehen. Die Stadtverwaltung rief Smogalarm aus. Der Grad der Luftverschmutzung lag ein Vielfaches über dem sonst üblichen Level. Im ganzen Bundesstaat wurden Veranstaltungen im Freien abgesagt, darunter mehrere Halbmarathons. Das Footballteam der San Francisco 49ers verlegte sein Training in eine Halle. Insgesamt kämpften mehr als 12.000 Feuerwehrleute gegen die Flammen. Zumindest das Feuer im Norden Kaliforniens schien zuletzt unter Kontrolle.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.11.2018)