Container angeschwemmt: Wem gehört das Treibgut der MSC Zoe?

 Eine genauer Zahl der verlorenen Container wird erst in den nächsten Tagen feststehen
Eine genauer Zahl der verlorenen Container wird erst in den nächsten Tagen feststehenREUTERS
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Etwa 270 Container verlor der Riesenfrachter in der Nordsee. In den Niederlanden darf gefundenes Strandgut behalten werden - eine eingeschränkte Tradition, die in Deutschland nicht mehr gilt.

Über 19.000 Container kann die MSC Zoe transportieren. Der Riesen-Frachter hat eine Länge von fast 400 Metern. Ein Riese auf den Meeren dieser Welt. Da sind die vermuteten 270 im Sturm "Zetje" in der Nacht auf Mittwoch vom Schiff geschwemmten Container ein fast vernachlässigbarer Anteil der Ladung - nicht einmal 1,5 Prozent. Doch diese in der Nordsee verlorenen Container - eine genaue Zahl wird erst in den nächsten Tagen feststehen, wenn in Bremerhaven der Schaden begutachtet wurde - sorgen nun für Probleme, derzeit vor allem an den westfriesischen Inseln, die zu den Niederlanden gehören.

Die Niederlande setzen für die Aufräumarbeiten an ihren Stränden sogar die Armee ein. Soldaten sollen schnell dorthin geschickt werden, wie das Verteidigungsministerium in Den Haag mitteilte. Die Bürgermeister der Inseln Terschelling und Schiermonnikoog hatten um Hilfe gebeten. Strände und Küsten seien mit Verpackungsmüll und Gegenständen aus den Containern übersät. Ehrenamtliche könnten es allein nicht schaffen. Rund 100 Soldaten kamen Freitagfrüh auf Schiermonnikoog an. Der Einsatz der Armee soll mindestens zwei Tage dauern. Die Wattenmeerinseln haben den Schweizer Reeder MSC mittlerweile haftbar für den Schaden gemacht.

Doch es sind nicht nur die Helfer, die sich an die Strände begeben - sondern auch Jutter, also Strandräuber, schauen sich an den Stränden nach Brauch- und Verwertbarem um. Mittlerweile gibt es auch Konkurrenz durch Treibgut-Touristen.

Gestrandet "My little Ponies"

Örtlichen Medien zufolge  - Bilder auf Twitter bestätigen das - findet man an den Stränden der Insel derzeit unter anderem Kleidung, Spielzeug, Ikea-Möbel und Auto-Teile. Personen stehen um offene Container herum - oder tragen noch verpackte TV-Bildschirme davon. Auf der niederländischen Insel Terschelling wurden beispielsweise Spielfiguren der Marke „My little Pony“ angespült. Die Gegenstände gelten offiziell als Treibgut - was nicht automatisch bedeutet, dass man alles behalten darf, was man findet.

Historisch gesehen war Strand- und Treibgut besitzerlos und durfte behalten werden, was auf den friesischen Inseln gar zu Täuschungsmanövern der Jutter geführt hatte. Man entfachte kleine Feuer in den Dünen, Kapitäne vermuteten den gesuchten Hafen und liefen bei voller Geschwindigkeit auf Sand auf. Die Strandräuber bedienten sich.

In den Niederlanden kann man noch heute behalten, was angespült wird. Allerdings darf man gestrandete Container nicht öffnen. Doch so einfach ist die gesetzliche Lage nicht. Denn eigentlich gehört Treibgut demjenigen, auf dessen Strand es angespült wird - in den meisten Fällen ist das die jeweilige Gemeinde. Dementsprechend ist es auch heute noch wichtig für Strandräuber schnell zu sein. Schneller als der Strandvogt, der im Auftrag des Bürgermeisters für den Ortsstrand zuständig ist. Gefängnisstrafe droht den Juttern zwar keine mehr, aber womöglich eine Geldstrafe. Der Strandvogt ist übrigens verpflichtet, den Besitzer eines angeschwemmten Fundstückes ausfindig zu machen.

Bei den Massen an Strandgut durch die Container der MSC Zoe ist die Lage theoretisch dieselbe, doch aufgrund der Masse an Produkten und Müll haben die Behörden nur wenig Handhabe gegen Plünderer.

Nicht nur Brauchbares spült es nach der Havarie von Containern der MSC Zoe an die Küsten der westfriesischen Inseln.
Nicht nur Brauchbares spült es nach der Havarie von Containern der MSC Zoe an die Küsten der westfriesischen Inseln.imago/Hollandse Hoogte

In Deutschland gilt das Fundrecht

Auf den deutschen Inseln der Nordsee wurde bisher keine Container-Ware angespült. Dort ist die rechtliche Lage anders. Seit 1990 gilt das Fundrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs: Strandgut gehört prinzipiell dem bisherigen Eigentümer. Und das deutsche Havariekommando warnt davor, Container, Teile davon oder auch Produkte darauf anzugreifen. Denn auch maximal drei Container mit Gefahrengut sind von der MSC Zoe ins Meer gestürzt. Darin auch Fässer mit Dibenzoylperoxid, das in der Kunststoffproduktion eingesetzt wird. Die Chemikalie dient zur Härtung von Harzen oder als Bleichmittel für Öle, Fette und Wachse. Im Extremfall kann sie bei großer Hitze explodieren.

Container können je nach Ladung monatelang an der Wasseroberfläche treiben oder sie sinken ab und verschmutzen durch Lecks die Meere. Sie sind eine Gefahr für Segelschiffe und Yachten. Container können aber auch zum Glücksfall für Jutter, die Strandräuber der friesischen Inseln werden. Der Deutschlandfunk berichtete vor Jahren von einer Anekdote auf der Insel Texel, wo die Fähre nachts über einen Container gefahren sein soll. Der Container brach auf und gab seine Fracht frei: Filterzigaretten. Der Kapitän soll der Hafenbehörde den Vorfall per Funk gemeldet haben und damit alle Strandräuber aus dem Bett geholt haben, die "zufällig" den Seefunk mitgehört hatten. Drei Jahre lang sollen dem Bericht zufolge auf Texel nur Zigaretten der Marke Hollywood geraucht worden sein.

>> Der Artikel des Deutschlandfunks über Jutter aus dem Jahr 2013

(klepa/red.)

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