Özil-Hochzeit als Politikum

Die Einladung Erdoğans zu Özils Hochzeit löst eine neue Kontroverse aus.
Die Einladung Erdoğans zu Özils Hochzeit löst eine neue Kontroverse aus. APA/AFP/TURKISH PRESIDENTIAL PRE
  • Drucken

Die Einladung Erdoğans zu Özils Hochzeit löst eine neue Kontroverse aus. Der türkische Politiker Mustafa Yeneroğlu will auch den deutschen Bundespräsident Steinmeier als Trauzeugen gewinnen.

Berlin/Istanbul. Frank-Walter Steinmeier, der deutsche Bundespräsident, sollte gemeinsam mit dem türkischen Staatschef, Recep Tayyip Erdoğan, als Trauzeuge an der Hochzeit des türkischstämmigen deutschen Fußballers Mesut Özil teilnehmen: Das schlägt der türkische Politiker Mustafa Yeneroğlu vor. „Ich fände es schön, wenn sowohl der türkische als auch der deutsche Präsident Seite an Seite als Trauzeugen die deutsch-türkische Verbundenheit mitbezeugen würden.“ In Deutschland ist Özil in die Kritik geraten, weil er Erdoğan im Sommer als Trauzeuge bei seiner Hochzeit mit seiner Verlobten, Amine Gülşe, dabeihaben will. In der Türkei erfährt Özil viel Unterstützung.

Yeneroğlu, der in Köln aufgewachsen ist, befasst sich als Politiker der Erdoğan-Partei AKP besonders intensiv mit den deutsch-türkischen Beziehungen. „Die weitverbreitete Annahme, Deutsch-Türken seien hin- und hergerissen zwischen dem Herkunftsland der Eltern und dem Land, in dem sie aufgewachsen sind, halte ich für sehr verkürzt“, sagte er. „Pluralistische Identitäten“ wie die von Özil würden von vielen Politikern als Gefahr aufgefasst, doch er halte diese Sichtweise für überholt. „Die Gesellschaft ist heterogen und weiter als der Blick vieler Politiker, ob in Deutschland oder in der Türkei.“

Bei einem Treffen mit Erdoğan auf dem Istanbuler Flughafen luden Özil und Gülşe ihn in der vorigen Woche als Trauzeugen zu ihrer Hochzeit ein. In Deutschland löste die Einladung neue Empörung aus. „Özil hat nichts verstanden“, kommentierte die „Bild“-Zeitung. „Das macht einen natürlich schon traurig, dass das jetzt so weitergeht“, sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU).

Im Vorjahr war Özil wegen eines Treffens mit Erdoğan vor der Weltmeisterschaft in Russland in die Kritik gekommen. Der Fototermin wurde Özil als Zeichen der angeblich mangelnden Loyalität zu Deutschland ausgelegt. Nach der missglückten WM erklärte Özil seinen Rücktritt aus dem Nationalteam. Damals stellte sich Erdoğan hinter den Spieler und würdigte Özils Rücktritt aus dem deutschen Team als „patriotisch“. Den Deutschen warf der türkische Präsident eine „rassistische Haltung“ vor. In der Türkei gilt Özil vielen als Held. Die Zeitung „Sabah“ nannte Özil „Cesur Yürek“ – so hieß in der Türkei der Mel-Gibson-Film „Braveheart“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.03.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.