Mordfall Lübcke: Geständiger räumt Verkauf von Waffen ein

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Der vorbestrafte Rechtsextremist Stephan E. hatte gestanden, den CDU-Politiker Lübcke ermordet zu haben. Nun gab es in seinem Umkreis zwei weitere Festnahmen.

Nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke haben die Ermittler zwei Männer festgenommen, über die sich der mutmaßliche Täter Stephan E. die Tatwaffe besorgt haben soll. Ihnen wird Beihilfe zum Mord vorgeworfen, wie die deutsche Bundesanwaltschaft am Donnerstag mitteilte.

Stephan E.  hatte am Mittwoch ein Geständnis abgelegt. Der vorbestrafte Rechtsextremist soll den CDU-Politiker und Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke in der Nacht zum 2. Juni mit einem Kopfschuss getötet haben. Hintergrund der Tat waren Lübckes Aussagen zur Flüchtlingspolitik. Er hatte sich 2015 auf einer Informationsveranstaltung gegen Schmährufe gewehrt und gesagt, wer gewisse Werte des Zusammenlebens nicht teile, könne Deutschland verlassen. Es wäre der erste rechtsextrem motivierte Politikermord der deutschen Nachkriegsgeschichte.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ließ nach eigenen Angaben den 64-jährigen Elmar J. und den 43-jährigen Markus H. festnehmen. Auch ihre Wohnungen in Kassel und im Landkreis Höxter in Nordrhein-Westfalen wurden demnach durchsucht. Die Behörde wollte noch am Donnerstag beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs Haftbefehl beantragen.

Der Beschuldigte J. werde verdächtigt, E. im Jahr 2016 die spätere Tatwaffe verkauft zu haben, erklärte die Bundesanwaltschaft. Den Kontakt zwischen den beiden soll H. hergestellt haben. Die beiden Festgenommenen sollen es den Ermittlern zufolge auch für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen haben, dass E. die Waffe für ein "politisch motiviertes Tötungsverbrechen" einsetzt.

Keine Hinweise auf rechtsextreme Vereinigung

Es bestehen laut Bundesanwaltschaft aber bisher "keine greifbaren Hinweise" dafür, dass die Beschuldigten J. und H. von den konkreten Anschlagsplänen gewusst hätten oder gar in diese eingebunden gewesen seien. Es fehlten auch Anhaltspunkte dafür, dass sich die beiden mit E. zu einer rechtsterroristischen Vereinigung zusammengeschlossen hätten.

Die Ermittler waren den beiden durch Angaben des Tatverdächtigen E. auf die Spur gekommen. Er gab demnach auch an, wie er an Waffen gekommen war und wo sie versteckt sind. In dem angegebenen Versteck seien neben der mutmaßlichen Tatwaffe weitere Waffen gefunden worden.

E. gab laut den Ermittlern auch an, an zwei weitere Beschuldigte selbst Waffen verkauft zu haben. Gegen diese ermittelt demnach die Staatsanwaltschaft Kassel. Die Bundesanwaltschaft hat nach eigenen Angaben derzeit keine Hinweise darauf, dass sie in den Mord an Lübcke verwickelt sind. Die Ermittler würden sich aber intensiv mit dem Verhältnis der insgesamt fünf Beschuldigten zueinander befassen. Auch ihr Umfeld werde intensiv ausgeleuchtet.

Neuer Höchststand von Rechtsextremisten

Zumindest einer der beiden Festgenommen hatte offenbar einen rechtsextremen Hintergrund. Bei der Durchsuchung der Wohnung des mutmaßlichen Waffenvermittlers Markus H. seien NS-Devotionalien beschlagnahmt worden, berichteten NDR, WDR und "Süddeutsche Zeitung". Laut einem Bericht des ARD-Politikmagazins "Panorama" gehörte H. seit Jahren zur Kasseler Neonazi-Szene. Er wurde demnach im Jahr 2006 auch im Zusammenhang mit dem Mord an Halit Yozgat als Zeuge vernommen. Später stellte sich heraus, dass der 21-Jährige Yozgat ein Opfer der rechtsextremen Terrorgruppe NSU war.

Nach Angaben des deutschen Innenministers Horst Seehofer ist die gewaltbereite rechtsextreme Szene in Deutschland weiter gewachsen. Ende 2018 habe es 24.100 Rechtsextremisten gegeben, sagte er am Donnerstag bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts. Als gewaltorientierte Rechtsextremisten würden dabei 12.700 Personen registriert. "In Verbindung mit der hohen Waffenaffinität des rechtsextremistischen Spektrums sind die Zahlen ausgesprochen besorgniserregend." Es gebe eine hohe Gefährdungslage.

(APA/dpa)

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