Lage auf "Open Arms" außer Kontrolle - Migranten springen ins Meer

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Innenminister Salvini will die knapp 100 Migranten an Bord des NGO-Schiffes nicht an Land lassen. Spanien schickt ein Marineschiff. Es wird in drei Tagen eintreffen.

Die spanische Regierung wird nach eigenen Angaben ein Marineschiff zum vor der italienischen Insel Lampedusa liegenden Rettungsschiff "Open Arms" mit mehr als 80 Migranten an Bord schicken. "Die 'Audaz' wird heute um 17 Uhr ablegen und dann drei Tage nach Lampedusa fahren", erklärte die Regierung am Dienstag in Madrid. Danach sollten die Asylsuchenden nach Palma de Mallorca gebracht werden.

Das Marineschiff wurde seit der Früh in der Militärbasis von Rota in Andalusien für die Überfahrt vorbereitet. Die Regierung in Madrid halte dies für die "angemessenste Lösung", hieß es. Ob die "Audaz" das Schiff der spanischen NGO "Proactiva Open Arms" lediglich bis zum Hafen von Palma de Mallorca begleitet, oder auch die Asylsuchenden aufnimmt, ging aus den Medienberichten nicht klar hervor.

Lage außer Kontrolle

Die Lage auf der "Open Arms" war nach wochenlangem Tauziehen um einen sicheren Hafen für die Migranten außer Kontrolle geraten. Mehr als ein Dutzend Migranten sprangen am Dienstag ins Wasser und versuchten, die einige Hundert Meter entfernt liegende italienische Insel Lampedusa schwimmend zu erreichen.

„Proactiva Open Arms" twitterte, zunächst seien neun Menschen ins Meer gesprungen. Später folgten ihnen mindestens fünf nach. Die italienische Küstenwache barg sie aus den Fluten. Alle seien nach Lampedusa gebracht worden, schrieb Proactiva. Ihr Fazit: "An Bord hat die Situation ihr Limit erreicht".

Drei Wochen auf See

An Land seien die Migranten umgehend von Ärzten betreut worden, berichtete die italienische Nachrichtenagentur ANSA. Das Schiff ist seit fast drei Wochen auf See. Bereits am Wochenende hatten sich mehrere Migranten ins Meer gestürzt, sie waren aber von Helfern zurück aufs Schiff gebracht worden. "18 Tage in einer Eisenkiste eingesperrt, Wasser und Lebensmittel rationiert... Die Situation ähnelt der eines libyschen Lagers, aber in italienischen Hoheitsgewässern", twitterte Proactiva-Gründer Oscar Camps.

Die spanische Verteidigungsministerin Margarita Robles hatte bereits in der Früh eine Lösung in den "nächsten Stunden" in Aussicht gestellt. Angesichts der humanitären Notlage an Bord dürfe niemand wegschauen. Der italienische Innenminister Matteo Salvini kümmere sich nicht um Menschenleben, sondern nur um seinen Wahlkampf. Obwohl die "Open Arms" seit Tagen direkt vor Lampedusa liegt und sich mehrere EU-Staaten zur Aufnahme der Menschen bereit erklärt hatten, will Salvini, der der rechten Lega angehört, die Menschen weiter nicht an Land lassen. "Das, was Salvini im Zusammenhang mit Open Arms macht, ist eine Schande für die gesamte Menschheit", so Robles weiter.

Salvini blieb hart

Zeitweise befanden sich rund 160 Migranten an Bord, jedoch waren mehrmals Menschen in prekärem Gesundheitszustand an Land nach Italien oder Malta gebracht worden. Mehrere Frauen hatten zuvor Panikattacken und Weinkrämpfe erlitten. Auch durften zuletzt 27 unbegleitete Jugendliche in Lampedusa an Land gehen. Der rechte Politiker Salvini, der einen extrem harten Kurs in seiner Flüchtlingspolitik fährt, hatte dem aber nur aufgrund des Drucks von Ministerpräsident Giuseppe Conte zugestimmt. Am Dienstagnachmittag waren Medienberichten zufolge zwischen 83 und 99 Migranten an Bord.

Die Regierung in Madrid hatte dem Schiff am Montag den nächstgelegenen spanischen Hafen angeboten - jedoch sah sich die NGO nicht in der Lage, in der prekären Lage an Bord noch tagelang quer über das Mittelmeer zu fahren. Sie hatte darum gebeten, die Migranten nach Spanien zu fliegen. Wie die Menschen an Bord auf die Lösung aus Madrid reagieren würden, war unklar.

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(APA/dpa)

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