Hurrikan Dorian: Warten auf atlantischen Rekordwirbelsturm

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US-FLORIDA-PREPARES-FOR-THE-ARRIVAL-OF-HURRICANE-DORIAN(c) APA/AFP/GETTY IMAGES/SCOTT OLSON
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Der Sturm hatte mit knapp 300 km/h die Bahamas getroffen und Verwüstungen angerichtet. Am Montag stellte man sich im Südosten der USA auf ihn ein: Ob er Land erreicht oder dicht vor der Küste nach Norden zieht, war unklar.

New York/Miami/Nassau. Dorian, so viel war am Montag klar, wird in die Geschichte eingehen: Mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 185 Meilen (298 km/h) erreichte der Hurrikan in der Nacht auf Montag die Abaco-Inselgruppe der Bahamas. Noch nie seit Beginn der Messungen Mitte des 19. Jahrhunderts traf im Atlantik ein stärkerer Wirbelsturm auf Land. Der Labor Day Hurricane von 1935 war dabei nur marginal schwächer; Allen hatte 1980 noch ein paar Stundenkilometer schneller geblasen, jedoch nur über dem Meer.

Die Behörden auf den Bahamas beginnen gerade erst, das Ausmaß der Schäden zu evaluieren. Mit Stand Montagabend soll Dorian keine Menschenleben gefordert haben. Jedoch setzte der Wirbelsturm weite Teile des mehr als 700 Inseln zählenden Landes mit rund 400.000 Einwohnern unter Wasser. „Vielerorts ist es unmöglich, den Unterschied zwischen dem Ozean und dem Beginn der Straßen zu erkennen“, sagte Premier Hubert Minnis. „Das ist wahrscheinlich der traurigste und schlimmste Tag meines Lebens.“

Dorian zog am Labor Day, dem montägigen Feiertag, der in den USA das Ende des Sommerurlaubs markiert, in Richtung Ostküste weiter. Er verlor etwas an Fahrt, zählte aber bis Montagabend (MESZ) mit Geschwindigkeiten von mehr als 250 km/h weiter zu den stärksten je gemessenen Stürmen. Er dürfte heute, Dienstag, dicht vor der US-Küste Richtung Norden wandern – oder könnte mit voller Wucht auf Land treffen, wenn er seinen Kurs leicht ändert.

Küsten evakuiert

Entsprechend herrscht in den Bundesstaaten Florida, Georgia, South Carolina und North Carolina der Ausnahmezustand. Die Katastrophenschutzbehörde Fema will die Fehler der Hurrikansaison 2017 vermeiden. Damals war die texanische Großstadt Houston vor Harvey nicht evakuiert worden, mehr als 100 Menschen starben. In Puerto Rico wiederum hatte man Maria unterschätzt, 3000 Menschen verloren ihr Leben. Das US-Territorium kämpft bis heute mit den Folgen des Wirbelsturms.

Ab Montagmittag ordneten die Gouverneure von South Carolina und Georgia, Henry McMaster und Brian Kemp, Zwangsevakuierungen an der gesamten Küstenlänge ihrer Staaten an. Mehr als eine Million Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Highways wurden zu Einbahnstraßen in Richtung Landesmitte umgewandelt. Polizisten patrouillierten die Gebiete, um sicherzustellen, dass niemand zurückbleibt.

(C) DiePresse

Auch Präsident Donald Trump wandte sich an die Bevölkerung, laut Pressesprecherin ließ er sich im Stundentakt zu Dorian informieren. Vor allem South Carolina könne viel härter getroffen werden als zunächst angenommen, sagte Trump. Eine Reise nach Polen hatte das Weiße Haus abgesagt, stattdessen verbrachte der Präsident das Ferienwochenende in Camp David, rund 100 Kilometer nördlich von Washington.

Experten halten Dorian nicht nur wegen seiner Windstärke für besonders gefährlich, auch die Tatsache, dass er sehr langsam zieht, ist heikel. Über den Bahamas zog er mit nur knapp zwei Stundenkilometern weiter, entsprechend lange wütete er über dem Gebiet.

Auch „Streifschuss“ gefährlich

Unklar war am Montag, wann genau am Dienstag er die USA erreichen könnte. Selbst wenn er vor der Küste vorbeizieht, kann sein Rand ganze Küstenabschnitte zerstören. Matthew etwa verfehlte 2016 erst die Küste knapp und traf abgeschwächt auf Land. Trotzdem starben 49 Menschen, die Schäden wurden mit mehr als zehn Milliarden Dollar beziffert.

So evakuieren die Behörden nun vorsorglich auch Teile Floridas — unter anderem das Gebiet um West Palm Beach, wo auch Trumps Club Mar-a-Lago liegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.09.2019)

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