Kindergarten kann Jobchancen verbessern

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Themenbild(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Eine Studie zeigt: Wer einen Kindergarten besucht, ist später besser gebildet und verdient mehr.

Eltern, deren Kind heuer vor dem ersten September vier Jahre alt und noch nicht im Kindergarten angemeldet war, wurden dieses Jahr erstmals zu einem verpflichtenden Elterngespräch eingeladen. Zweck der Zusammenkunft: die Eltern über die positiven Folgen für die Entwicklung des Kindes aufzuklären, wenn es in den Kindergarten geht. Die Argumente betreffen meist soziale Fähigkeiten, Sprach- und Kommunikationsfähigkeit und Kreativität. Ob der Kindergartenbesuch später, als Erwachsener, auch ökonomische Folgen hat, wurde nun erstmals für Österreich analysiert.

„Wir haben untersucht, welche Effekte es auf Einkommenshöhe, Anzahl der Schuljahre oder die Chance auf einen Studienabschluss und Vollzeitbeschäftigung hat, wenn jemand den Kindergarten besucht“, erklärt die Arbeitsmarktökonomin Alyssa Schneebaum vom Institut für Makroökonomie der WU Wien. Welche Ergebnisse brachte die Studie „The Returns to Preschool Attendance“, die Schneebaum mit dem Ökonomen Pirmin Fessler im Rahmen eines vom Wissenschaftsfonds FWF geförderten Projekts durchführte? „Wir konnten empirisch nachweisen, dass der Kindergartenbesuch die Ungleichheit bei Bildung verkleinert. Gerade Kinder von Eltern mit niedrigerem Ausbildungsgrad können dadurch aufholen“, sagt die Forscherin.

Länger in der Ausbildung

Basis für die Studie war die EU-Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen für Österreich aus dem Jahr 2011. Von den analysierten Erwachsenen zwischen 25 und 59 Jahren hatten rund sechzig Prozent einen Kindergarten besucht. Ein Wert, der inzwischen durch das verpflichtende Kindergartenjahr wesentlich höher liegt. Im Fokus stand die Frage, woran sich die positiven Effekte des Kindergartenbesuchs festmachen lassen.

In punkto Bildung zeigte sich, dass Kindergartenkinder rund ein halbes Jahr länger in Ausbildung waren als andere. Was zunächst wenig wirkt, kann dennoch ins Gewicht fallen, speziell wenn es um Abschlüsse wie Matura oder Studium geht. Und um knapp fünf Prozentpunkte höher ist bei Kindergartenkindern die Wahrscheinlichkeit, dass sie ein Hochschulstudium absolvieren. Zudem haben sie im Durchschnitt einen um 7,3 Prozent höheren Stundenlohn als diejenigen, die keinen Kindergarten besuchten.

Im Vergleich zu anderen EU-Ländern wird im heimischen Bildungssystem die Richtungsentscheidung jedenfalls früh, sprich mit zehn Jahren, getroffen. „Jedes Kindergartenjahr bringt somit mehr Bildung. In einem Schulsystem wie in Österreich ist das sehr bedeutsam“, so die Forscherin.

Vor allem Frauen profitieren

Insbesondere Frauen profitieren vom Kindergarten: Ihre Chance auf eine Vollzeitbeschäftigung war im Vergleich zu jenen, die daheim betreut wurden, doppelt so hoch. Und elf Prozent mehr Müttern gelang bis zum vierzehnten Lebensjahr ihrer Kinder, sich wieder voll in den Arbeitsmarkt zu integrieren. „Die ökonomischen Effekte des Kindergartens sind auch politisch relevant. Wir wissen jetzt, dass Kindergartenkinder höher gebildet sind, später mehr verdienen, bessere Jobs haben und eher Vollzeit arbeiten. Das ist nicht nur positiv für den Einzelnen, sondern auch für die Gesellschaft“, sagt Schneebaum.

Ob Kinder den Kindergarten besuchen oder nicht, hat verschiedene Ursachen. Ein wichtiger Einflussfaktor dürfte der Ausbildungsgrad der Eltern, speziell des Vaters sein. Verglichen wurden dabei Kinder von Eltern desselben Bildungsniveaus. Ist es niedrig, ziehen die Kinder noch mehr Vorteile aus dem Kindergartenbesuch. Der Einfluss der Region und ob sie am Land oder in der Stadt aufwachsen, war hingegen weniger relevant.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2016)

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