SPÖ-Szenario: Droht Mehrarbeit für Lehrer?

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Dass es unter Türkis-Blau kein frisches Geld für Schulen geben soll, erfüllt Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) mit Sorge. Und sie warnt: Neue Ausgaben und Löcher könnten womöglich mit Mehrstunden gedeckt werden.

Wien. Eigentlich sollte es ja um die Schulautonomie gehen, für die Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) gestern, flankiert von drei sogenannten Autonomiebotschaftern, eindringlich warb. Am Ende ging es bei dem Termin allerdings dann doch um das Geld. Dass die türkis-blauen Bildungsverhandler offenbar nicht vorhaben, frisches Geld in die Schulen zu stecken, wie der „Kurier“ berichtet, erfüllt Hammerschmid nämlich mit Sorge. Als Warnung holt sie nun ein Szenario hervor, das rund um die Koalitionsverhandlungen Wirbel auslösen könnte (und wohl auch soll): mehr Arbeit für Lehrer.

„Wenn man Deutschklassen und eine Bildungspflicht will, muss man das irgendwo her bekommen“, sagte Hammerschmid zu zwei Vorhaben der türkis-blauen Verhandler im Schulbereich. Neben Kosten, die Hammerschmid für derartige Neuerungen ortet, klaffe im Bildungsbudget außerdem seit Jahren ein strukturelles Loch, das gestopft werden müsse – was schon in den vergangenen Jahren stets zu Streit und Diskussionen führte. „Woher nehmen sie im nächsten Jahr die 600 Millionen Euro, um das strukturelle Defizit zu füllen?“, fragte die Ministerin.

Ihre möglichen Antworten: Um an Geld zu kommen, könne man das Teamteaching abschaffen, bei dem an den Neuen Mittelschulen zwei Lehrer in den Klassen stehen – das allein bringe laut Hammerschmid aber noch nicht genügend Geld. Oder aber man könne die Unterrichtsverpflichtung der Lehrer substanziell erhöhen – ein Ansatz, der seit Hammerschmids Vor-Vorgängerin Claudia Schmied (SPÖ) immer wieder in der Debatte herumgeistert, wenn es ums Bildungsbudget geht. Und einer, der stets Kampfstimmung bei der Lehrergewerkschaft ausgelöst hat, die aktuell ohnedies verärgert ist, weil sie nicht mitverhandeln darf und die Volkspartei auf Andreas Salcher setzt.

370 Millionen Euro

Wie die Ministerin vorrechnet: Die zwei Stellschrauben, an denen man drehen könne, seien die Lehrergehälter und Schulgebäude, in die 92 Prozent des gesamten, acht Milliarden Euro schweren Bildungsbudgets fließen. Wobei die Gehälter insgesamt deutlich mehr als 80 Prozent des Budgets ausmachen. „Wenn man Löcher stopfen muss, kann man nur über die Lehrverpflichtung gehen“, sagt die Ministerin. Die Streichung des parallelen zweiten Lehrers an den Neuen Mittelschulen – der schon öfter infrage gestellt worden ist – würde laut Hammerschmid pro Jahr rund 170 Millionen Euro bringen. „Da ist noch ein großes Stück zu tun.“ Zwei Unterrichtsstunden mehr pro Woche und Lehrer bringen demnach rund 370 Millionen Euro.

Dass die flexibleren Klassengrößen in der Schulautonomiereform, die die Lehrergewerkschaft stets als potenzielles Sparprogramm kritisiert hat, zum Sparen verwendet werden, sei laut Hammerschmid nicht so einfach: Man habe doppelt festgeschrieben, dass die Ressourcenzuteilung an die Schulen so bleibe, wie sie ist („Irgendwas hat uns gewarnt“) und dass im Schnitt pro Bundesland maximal 25 Schüler in einer Klasse sitzen dürfen. Solange man das gesetzlich nicht ausheble, könne man damit nicht sparen.

Einmal mehr appellierte die Ministerin, die Schulautonomie unbedingt so umzusetzen, wie sie beschlossen wurde. „Wenn ich höre, dass die Gewerkschaft lieber heute als morgen den Rückwärtsgang einlegen würden, erfüllt mich das mit großer Sorge“, sagte sie zur Forderung von AHS-Lehrervertreter Herbert Weiß. Er hatte in der „Presse“ zuletzt unter anderem die Aufhebung der Reform bei der Klassenschülerhöchstzahl gefordert.

„Autonome Bürger und Schüler“

Der Autonomiebotschafter und Lehrerbildner Andreas Schnider ortete Verunsicherung an den „positiv gestimmten“ Schulen, ob die Reform nun umgesetzt werde und drängte darauf, das Paket „konsequent bis zum letzten Buchstaben“ umzusetzen. Wenn man jetzt ein paar Seiten herausnehme und sage, das könne man sich nicht leisten, sei das der erste Schritt, um dieses Gesamtpaket zu zerstören. „Dagegen kann doch niemand sein, dass wir autonome Bürgerinnen und Bürger wollen und dass wir genau solche Schülerinnen und Schüler produzieren wollen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.11.2017)

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