Faßmann: Anreize statt Sanktionen

Bildungsminister Heinz Faßmann will darüber, wie man mit nachlässigen Eltern umgehen soll, nun zumindest reden.
Bildungsminister Heinz Faßmann will darüber, wie man mit nachlässigen Eltern umgehen soll, nun zumindest reden.(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Nachlässigen Eltern sollen als Ultima Ratio Transferleistungen gekürzt werden, hatte der oberste Lehrervertreter gefordert.

Wien. Es wird erneut laut über Sanktionen für nachlässige Eltern nachgedacht. Eigentlich schrieb Türkis-Bau „Sanktionen bei Sozial- und Transferleistungen für Eltern und Erziehungsberechtigte im Fall einer Missachtung von Aufgaben und Pflichten“ bereits in ihrem Regierungsprogramm fest. Doch der zuständige Bildungsminister, Heinz Faßmann (ÖVP), hält wenig davon. Er würde, hieß es am Freitag aus seinem Büro, positive Anreize gegenüber Sanktionen bevorzugen. Dennoch möchte er darüber, wie man mit nachlässigen Eltern umgehen sollte, „mit Herrn Kimberger und anderen Beteiligten nachdenken“.

Paul Kimberger, das ist der oberste Pflichtschullehrergewerkschafter – und er hat die Debatte neuerlich angestoßen. Schon beim Eintritt in die Volksschule betrage der Leistungsunterschied zwischen den Kindern zwei bis drei Jahre. „Das ist auch mit den besten didaktischen und pädagogischen Konzepten nur schwer auszugleichen“, sagte Kimberger im „Kurier“. Er fordert neben einer doppelten Lehrerbesetzung in der Volksschule, auch die Eltern in die Pflicht zu nehmen. Immerhin würden sie mit ihrer Erziehung schon vor dem Eintritt in Kindergarten und Volksschule den Grundstein für die Entwicklung des Kindes legen.

„Es macht einen massiven Unterschied, ob man mit einem Kind viel spricht und ihm vorliest, oder ob man es nur vor Fernseher und Computer setzt“, sagt Kimberger auch zur „Presse“. Für ihn seien Erziehungsberechtigte vielmehr Erziehungsverpflichtete. Sie müssten sich um die Entwicklung der Kinder kümmern. Die Mehrheit der Eltern macht das auch. Aber eben nicht alle. In den Fällen könne ein Anreizsystem analog zum Mutter-Kind-Pass geschaffen werden. Dabei wird die Ausbezahlung des Kinderbetreuungsgeldes an ärztliche Untersuchungen während der Schwangerschaft und bis zum fünften Lebensjahr des Kindes geknüpft.

Ähnlich zu den ärztlichen Untersuchungen könnten auch die sprachlichen, kognitiven und motorischen Fähigkeiten der Kinder untersucht werden. Bei etwaigen Defiziten brauche es eine bessere Informierung der Eltern sowie eine stärkere Sensibilisierung für ihre Fördermöglichkeiten im Bereich der Frühkind- und Elementarpädagogik. Sind die Eltern kooperativ, könnte das mit höheren Transfer- oder Sachleistungen honoriert werden. „Sollten die Eltern eine Kooperation grundsätzlich ablehnen, braucht es aber spürbare Konsequenzen“, auch finanzieller Natur. Ihnen könnten vorübergehend Transferleistungen gekürzt werden. „Als Ultima Ratio“, sagt Kimberger.

„Zu viel Liberalität in mir“

Nicht einmal als solche hat Faßmann diese vor seiner Polit-Karriere in Betracht gezogen. Mit derartigen Sanktionsmaßnahmen sei man schnell beim totalitären Denken, sagte er damals. Außerdem stecke dafür „zu viel Liberalität in mir“. Darauf angesprochen, ruderte er auch beim Antrittsinterview als Minister nicht zurück: „Natürlich kann man als Wissenschaftler manche Dinge pointierter formulieren.“ Dennoch stehe er weiterhin, auch als Politiker, dazu: „Wir brauchen zunächst eine verstärkte Elternarbeit. [. . .] Das (die Sanktionen, Anm.) muss ja auch exekutiert werden und rechtlich einwandfrei sein.“

Im Familienministerium von Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) scheint man Sanktionen gegenüber weniger abgeneigt zu sein. Grundlage für die Arbeit sei das Koalitionsabkommen, hieß es aus dem Ressort. In diesem ist eindeutig von Sanktionen die Rede.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.02.2019)

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