Neue Spitzenschüler und alte Problemfelder

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Symbolbild. (c) APA/HANS PUNZ (HANS PUNZ)
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Die Volksschüler rechnen deutlich besser – das zeigen die Ergebnisse des österreichweiten Mathematiktests. Die Kluft zwischen Mädchen und Buben sowie die Effekte von Migration und Elternhaus bleiben aber.

Wien. Die heimischen Volksschüler rechnen deutlich besser als noch vor einigen Jahren: Das zeigen die aktuellen Ergebnisse der Bildungsstandards, die am gestrigen Freitag vorgestellt wurden. Und die in den Worten von Ministeriums-Generalsekretär Martin Netzer nicht nur gut, sondern sogar „sensationell“ sind. Wenngleich: „Es gibt auch einige problematische Bereiche.“

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Ob das auch ein Erfolg für die ehemaligen roten Bildungsministerinnen ist, zumal die rund 74.000 Volksschüler bereits im vergangenen Frühling getestet wurden? „Offenkundig wurde zumindest nichts falsch gemacht“, sagt Netzer. Er sieht den Grund vor allem bei den jeweiligen Schulen und bei den Lehrern. Der Studienautor Michael Bruneforth sagt: Es sei gelungen, alle Kinder auf ein höheres Niveau zu bringen – manche Unterschiede seien aber geblieben.

Insgesamt hat sich das Niveau in Mathematik deutlich verbessert.

Acht von zehn Schülern haben die Bildungsstandards – also das, was jedes Kind in der vierten Klasse in Mathematik können sollte – erreicht oder sogar übertroffen. Das sind mehr als beim vorigen Test vor fünf Jahren. Und deutlich mehr als bei der ersten Messung, die 2010 durchgeführt wurde (siehe Grafik). Umgekehrt haben acht Prozent der Schüler nach wie vor Mühe mit den einfachsten Aufgaben, zehn Prozent schaffen die Bildungsstandards nur teilweise. Die Risikogruppen sind aber kleiner geworden – auch da ist der Unterschied zu 2010 groß. Seit damals hat sich das durchschnittliche Mathematikniveau der Schüler um 51 Punkte (auf 551) verbessert. Das ist mehr als ein Lernjahr.

Die Unterschiede zwischen Buben und Mädchen bleiben.

Ein Problemfeld hat sich nicht geändert: Die Kluft zwischen Buben und Mädchen in Mathematik ist sogar größer geworden. Zwar haben sowohl die Buben als auch die Mädchen bei dem Mathematiktest insgesamt bessere Ergebnisse erzielt – bei den Buben ist der Leistungsanstieg allerdings deutlich stärker ausgefallen. Im Schnitt hinken Mädchen in Mathematik etwa ein halbes Lernjahr nach.

Migrantenkinder hinken in Mathematik weiter hintennach.

Der Anteil der Risikoschüler unter den Migranten ist deutlich geringer geworden. Er ist aber immer noch drei Mal so hoch wie bei Kindern ohne Migrationshintergrund. Insgesamt ist die Kluft – trotz der Herausforderungen der Flüchtlingskrise – etwas kleiner geworden: Migranten sind 61 Punkte hinten, immer noch deutlich mehr als ein Lernjahr. Die Hälfte des Unterschieds kann der soziale Hintergrund erklären. Auch dann ist der Abstand aber noch substanziell.

Kinder aus wenig gebildeten Familien scheitern häufiger.

Fast 30 Prozent der Kinder mit universitär gebildeten Eltern sind Spitzenschüler, nur drei Prozent scheitern. Bei Kindern, deren Eltern maximal die Pflichtschule besucht haben, ist es beinahe umgekehrt: Drei Prozent sind sehr gut, 22 Prozent schlecht. Obwohl es bei Letzteren jetzt auch deutlich weniger Risikoschüler gibt, ist die Kluft zwischen den beiden Gruppen groß: 119 Punkte, etwa drei Lernjahre.

Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind moderat.

Auf den ersten Blick ist es eindeutig: In Wien fallen die Ergebnisse deutlich schlechter aus als in anderen Bundesländern – 13 Prozent der Schüler scheitern in Wien, insgesamt liegen sie 20 Punkte unter dem Österreich-Schnitt. Vorn liegt Salzburg, gefolgt vom Burgenland und von Oberösterreich. Die Länderunterschiede sind aber relativ gering, wenn man die Zusammensetzung der Schüler beachtet.

Die Kinder sind motiviert und haben Freude an Mathematik.

Ein positiver Befund für die Schulen: Bessere Leistungen gehen offenbar nicht automatisch mit weniger Spaß einher – im Gegenteil. 71 Prozent der Kinder haben Freude an Mathematik, 81 Prozent finden, dass sie in dem Fach gut sind. Drei Viertel gehen gern in die Schule, 84 Prozent sind mit ihrer Klasse zufrieden, und fast alle fühlen sich sozial eingebunden.

Ab kommendem Jahr wird nun einiges anders: Statt Bildungsstandards gibt es jährlich Tests in der dritten und vierten Klasse Volksschule sowie AHS und Mittelschule. So sollen Lehrer und Eltern die Resultate noch bekommen, bevor die Schüler in eine andere Schule wechseln – unter anderem als Beitrag zur Notenwahrheit. Die SPÖ warnt vor einer Art Aufnahmetest für die AHS. Die Neos befürchten, dass Ergebnisse nach der Reform nicht mehr vergleichbar sind.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2019)

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