Die Universitäten müssen ihre Probleme ebenso kommunizieren wie ihre Leistungen. Über den Umgang mit einer schwierigen Doppelrolle.
Die Beziehung zwischen „den“ Medien und den Universitäten ist durch ein hohes Maß an Ambivalenz gekennzeichnet. Im traditionellen akademischen Leben spielte die Verbreitung des durch Forschung gewonnenen Wissens an ein breites Publikum nicht immer eine große Rolle. So gibt es immer wieder Wissenschaftler/innen, die ausgesprochen medienscheu sind, sei es, weil sie Öffentlichkeitsarbeit nicht als ihre Aufgabe ansehen, sei es, weil sie Klage darüber führen, sie würden von „den Medien“ missinterpretiert oder ausgenutzt. Dazu haben Wissenschaftler/innen oft gar nicht die Fähigkeit, sich außerhalb der Fachwelt verständlich auszudrücken – und sehen eine solche Fähigkeit auch gar nicht als erstrebenswert an.
Dennoch hat sich in den letzten zwanzig Jahren die Beziehung der Unis zu den Medien deutlich gebessert. Die Unis sind heute viel mehr in den Medien präsent als früher – sowohl mit ihren Problemen als auch mit ihren Leistungen. So gibt es immer mehr Angehörige von Unis, denen es Spaß macht, sich auch dem Diskurs mit einer breiteren Öffentlichkeit zu stellen. Diese Tendenz geht mit der stärkeren Betonung der gesellschaftlichen Verantwortung einher, an die die Unis von der Politik, aber auch von den Medien selbst, erinnert werden.
Heute ist es zumindest bei den Universitätsleitungen fester Bestandteil der Alltagsarbeit, Leistungen „ihrer“ Uni in die Öffentlichkeit zu tragen – ein Effekt, der mit der wachsenden Autonomie der Unis deutlich verstärkt wurde. Jede Uni hat heutzutage irgendeine Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit oder zumindest eine/n Pressesprecher/in, viele Unis bringen durch Beilagen zu Zeitungen oder Sondernummern und auch durch Jahresberichte oder Wissensbilanzen regelmäßig Infos über ihre Arbeit an eine breitere Öffentlichkeit. Und das ist gut so. Aber ist das auch genug?
Analysiert man den Stellenwert der Unis in der Öffentlichkeit, wird rasch klar, dass die Präsenz der Unis in den Köpfen des viel zitierten „Manns von der Straße“ noch viel zu gering ist. Offensichtlich haben sich die Unis im Alltagsleben noch nicht ausreichend positioniert, um als unverzichtbar oder als wirkliche Quelle des geistigen Lebens und des materiellen Wohlstands einer Gesellschaft aufgefasst zu werden. Wie sonst wäre es möglich, dass die Themen der Uni-Politik, insbesondere die ausreichende Finanzierung, nur in Sonntagsreden der Politiker vorkommen, nicht aber in den tatsächlichen Handlungen der Politik, die Montag bis Freitag stattfinden? Weder Lehrende noch Studierende haben auch nur in Ansätzen jene Macht als Pressure Group erworben, die andere Gesellschaftsmitglieder mit großer Selbstverständlichkeit haben – von den Pensionistenverbänden bis zur Beamtengewerkschaft.
Hinter dieser „Machtlosigkeit“ steht ein Dilemma: Die Mehrzahl der Pressemeldungen zu Universitäten beschäftigt sich mit ihren Problemen. Unterfinanzierung, Überfüllung, schlechte Ratingergebnisse, Streit um die Effizienz des Hochschulsystems, etc. beherrschen die Zeitungen auf den Innenpolitikseiten. Rektor/inn/en versuchen so, in den Medien ihre politischen Anliegen zu transportieren. Diese Strategie ist sicherlich erfolgreich, denkt man an die umfangreiche Präsenz der Uni-Politik vor allem in den Qualitätsmedien. Aber die Vertreter/innen der Unis wollen auch auf die ausgezeichneten Leistungen ihrer Institutionen hinweisen.
Und das ist eine schwierige Doppelbotschaft. Kein privates Unternehmen würde freiwillig schlechte Nachrichten über sich selbst verbreiten. Die Unis müssen das manchmal tun, weil sie nur auf diesem Weg Appelle an ihren „Eigentümer“ (der durch die Politik vertreten wird) richten können. Schade, dass dieser „Eigentümer“ viel zu selten positiv über seine Unis spricht. Die Medien würden solche Botschaften sicher gern aufnehmen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2011)