Woran liegt es, dass Lehrer hier nicht das gleiche Ansehen haben? Ist es die latente Bildungsfeindlichkeit breiter gesellschaftlicher Kreise?
Vor einiger Zeit hat mir eine Kollegin von einem Gespräch erzählt, das sie mit ihrem schwedischen Sitznachbarn auf der Bahnfahrt von Stockholm nach Göteborg geführt hat. Man kam auf die Schule zu sprechen. Auf die Frage, wie es um das Image der schwedischen Lehrer bestellt sei, meinte der Angesprochene: „Natürlich haben unsere Lehrer ein gutes Image, wir vertrauen ihnen doch das Wertvollste an, das wir haben, unsere Kinder.“ Ob in Österreich dieses Bewusstsein besonders verbreitet ist, darf bezweifelt werden.
Woran liegt es, dass Lehrer hier nicht das gleiche Ansehen haben? Ist es die latente Bildungsfeindlichkeit breiter gesellschaftlicher Kreise? Sind es die Medien, die viel zu wenig Interesse an den positiven Nachrichten aus dem Schulbereich haben? Oder sind es gar die Lehrer, die sich durch ihr Auftreten immer wieder selbst im Weg stehen?
Unbestritten ist die Tatsache, dass unser Lehrerbild von persönlichen Erfahrungen geprägt ist. Viele sind nicht positiv. Oft genug haben wir sie als Be- und Verurteiler und nicht als Förderer und Begleiter im Lernprozess erlebt. Was mich ärgert ist, dass wir alle in der Öffentlichkeit „über einen Kamm geschoren werden“ und nicht wahrgenommen wird, dass sich in Sachen Lehrerrolle bei vielen Kollegen einiges verändert hat. An dieser Nivellierung nach unten ist auch die Tatsache schuld, dass in Österreich jeder Ansatz einer leistungsgerechten Bezahlung fehlt, es also völlig egal ist, ob ich engagiert bin, oder wirklich nur „Dienst nach Vorschrift“ mache.
Weit verbreitet ist das Bild vom Lehrberuf als Halbtagsjob mit neun Wochen Ferien als Draufgabe. Schuld an dieser undifferenzierten Missinterpretation ist der Umstand, dass Lehrer einen großen Teil ihrer Arbeitszeit nicht gemeinsam mit Kollegen in der Schule, sondern als gelernte Einzelkämpfer einsam zu Hause verbringen. Würden die Lehrer ihre gesamte Arbeitszeit in der Schule verbringen, wäre nicht nur das Gerede vom Halbtagsjob obsolet, sondern endlich Zeit für die längst überfällige Teamarbeit.
Schade, dass sich unsere sonst sehr effektive Lehrergewerkschaft viel zu wenig für die notwendigen räumlichen Voraussetzungen engagiert hat. Anstatt aktiv an Veränderungsprozessen in Richtung einer zeitgemäßen Pädagogik mitzuwirken, erweist sie uns mit ihrer ausgeprägten Blockadementalität einen Bärendienst in Sachen Image.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.12.2011)