Ein Mini-Assessment-Center für die künftigen Pädagogen

An den Pädagogischen Hochschulen wird schon getestet. An den Universitäten ist man nicht ganz so euphorisch.

WIEN. Aufnahmeverfahren für künftige Lehrer – das gibt es schon, und zwar an den Pädagogischen Hochschulen (PH). Hier ist eine Orientierungsphase vor Studienbeginn geltendes Gesetz. An der PH Wien (Grenzackergasse) wurde ein aufwändiges Spezialprogramm entwickelt, das im September zum zweiten Mal stattfindet und im kommenden Herbst auch von 50 Anwärtern für ein universitäres Lehramtsstudium durchlaufen wird, wie Rektorin Dagmar Hackl der „Presse“ stolz berichtet. Sie hat damit ausgezeichnete Erfahrungen gemacht: Zwar springen 40 Prozent der Interessenten noch vor Studienbeginn ab, aber mit den Verbliebenen gibt es „ein ganz anderes Arbeiten“. 200 bis 300 Anwärter erwartet sie übrigens wieder im Herbst.

Und so schaut das Programm für die Maturanten, ein Monat vor dem eigentlichen Studienbeginn, aus: Nach einem Infogespräch mit den PH–Lehrenden, wo über Berufschancen und Studium geredet wird, besuchen die künftigen Studenten eine Woche lang täglich einen anderen Schultyp. Unterrichtsbeobachtung steht am Plan. Bestehen müssen sie außerdem einen kleinen Rechtschreib- und Musiktest. Ergänzt wird dies alles von einem 15-minütigen „Mini-Assessment-Center“, wo ein Gespräch mit einem Elternteil bzw. der Direktorin simuliert wird. Dann folgt das abschließende Eignungsgespräch. Der Student erhält danach eine Unterlagenmappe der Lehrenden mit Empfehlungen für speziellen Bildungsbedarf. Die soll ihn auch noch als frisch gebackener Absolvent – ergänzt durch Fortbildungsempfehlungen – begleiten.

„Das ist natürlich unheimlich aufwändig, gibt Hackl zu. „Aber die Studenten haben uns nach einem Jahr gesagt, sie hätten ihr Studium viel bewusster gewählt. Weil sie gewusst haben, was sie erwartet.“ Wer ist abgesprungen, hat die Fachrichtung gewechselt? Zum Beispiel jene, die über die Sonderpädagogik unrealistische, weil „sozialromantische“ Vorstellungen hatten. „Die wollten dann doch lieber Volksschullehrer werden.“

Hahn: „Kein Drop-Out-Verfahren“

Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) begegnet den Plänen von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) unterdessen mit Skepsis. Eignungsverfahren für Lehramtsstudenten? Er wolle jedenfalls „kein Kick-Out-Verfahren“, ließ der Minister der „Presse“ ausrichten. Er präferiert ein Modell à la Uni Innsbruck (das auch Schmied interessiert, siehe Interview). Dort gibt es bereits ein zweisemestriges Auswahlverfahren für angehende Pädagogen. Am Ende wird allerdings niemand verabschiedet – bloß eine Empfehlung abgegeben. Sprich: Jedem einzelnen gesagt, ob er sich für den Lehrerjob eignet oder nicht. Der Student kann selber seine Schlüsse daraus ziehen.

Die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) lehnt ein Eignungsverfahren hingegen grundsätzlich ab. Das Argument: „Jeder muss studieren können, was er will.“ Zielführender wäre aus ÖH-Sicht „eine ausreichende Begleitung“. Vieles entstünde nämlich erst im Zuge des Studiums – da mache es „keinen Sinn, Wissen bereits am Beginn abzufragen“. Und überhaupt: In Anbetracht der Tatsache, dass im September 760 zusätzliche Planstellen für Pädagogen geschaffen werden, sei ein Aufnahmeverfahren erst recht kontraproduktiv.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2008)


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