Wels: Fast ein Drittel der Kinder von Nachmittagsbetreuung abgemeldet

(c) Clemens Fabry
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Ein Teil der Abmeldungen sei "torschlussartig" erfolgt, sagt die zuständige Stadträtin. Familien mit Haushaltseinkommen über 1400 Euro brutto müssen für den Nachmittag im Kindergarten bezahlen.

In der Stadt Wels sind vor der Einführung der Nachmittagsgebühren 184 von 629 Kindern vom Kindergarten abgemeldet worden, wie die SP-Gemeinderätin Laurien Scheinecker am Dienstag kritisierte. Die zuständige FPÖ-Stadträtin Margarete Josseck-Herdt bestätigte die Zahlen.

Allerdings seien laut Josseck-Herdt rund 30 Prozent der Abmeldungen "torschlussartig" erfolgt und man rechne damit, dass die Kinder wieder zurückkommen. Nur zehn Prozent der Abmeldungen seien nach Zahlen der Kindergartenabteilung des Magistrats getätigt worden, weil es sich die Eltern nicht leisten könnten, rechnete sie auf APA-Anfrage vor. Je 25 Prozent könnten auf Großeltern zurückgreifen oder würden am Nachmittag nicht arbeiten, zehn Prozent konnten sich demnach den Dienst anders einteilen, so die Stadträtin.

Das Land Oberösterreich hat beschlossen, dass die Gemeinden ab 1. Februar Beiträge für die Nachmittagsbetreuung in Kindergärten einheben müssen. Ab einem Haushaltsbrutto-Einkommen von 1.400 Euro ist der Mindestbetrag von 42 Euro fällig, ab 3.700 Euro der Höchstbetrag von 110 Euro. Verlangen die Kommunen weniger, müssen sie selbst dafür aufkommen - wie etwa die Stadt Linz, die die Gebühren deutlich gesenkt hat, was sich mit knapp drei Mio. Euro zu Buche schlagen dürfte.

Umsetzung zu kurzfristig

In Wels kommt man den Eltern insoweit entgegen, als nichts zu zahlen ist, wenn ein Kind nur am Nachmittag einen städtischen Kindergarten besucht oder maximal zweieinhalb Stunden pro Woche nach 13 Uhr abgeholt wird. Scheinecker ist das zu wenig: "Das versperrt Kindern aus Familien mit geringem Einkommen den Zugang zum Kindergarten." Die Gemeinderätin kritisiert, dass von berufstätigen Eltern bei der Arbeitszeit weit mehr Flexibilität verlangt werde, als man ihnen bei der Kinderbetreuung zugestehe.

Die oberösterreichischen Grünen verlangen, die Einführung der Gebühren bis Ende des Kindergartenjahres im Juli auszusetzen. Denn die kurzfristige Umsetzung überfordere die Gemeinden. "Es ist ein Affront, eine Geringschätzung gegenüber den Gemeinden, die von Schwarz-Blau gegen Wand gedrückt werden", nur um möglichst rasch an die aus der Maßnahme erwarteten rund 13 Mio. Euro zu kommen, so der Grüne Familiensprecher Stefan Kaineder.

Auch die oö. SPÖ hatte am Dienstag in einer Pressekonferenz die Gebühren einmal mehr kritisiert. Das Modell sei "frauenfeindlich und ungerecht", so Familiensprecherin Petra Müllner, der Gesetzesprozess ein "Worst Practice Beispiel". Die zuständige Landesrätin Christine Haberlander (ÖVP) verteidigte das Modell hingegen als sozial ausgewogen. Der Elternbeitrag sei wichtig für weiteren Ausbau des Kinderbetreuungsangebotes.

(APA)

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