Der Arbeitstag einer Lehrerin in der NMS

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Welche Arbeit fällt in der Schule tatsächlich an? "Die Presse" hat eine NMS-Lehrerin durch ihren Schul- und Arbeitstag begleitet.

NMS Hainburger Straße. Sabine Ramp ist Deutsch- und Geschichtelehrerin. Montag, sagt sie, ist ein vergleichsweise lockerer Tag. Es stehen viele Lese- und eine Geschichtestunde an.

7.30 Guten Morgen. Draußen ist es (noch) stockfinster, drinnen (noch) ruhig, als Sabine Ramps Arbeitstag in der Neuen Mittelschule Hainburger Straße im dritten Wiener Bezirk beginnt. Beides ändert sich schnell. Schon als Ramp zehn Minuten später in das letzte Stockwerk der Schule hastet, um alle Klassen aufzusperren, beginnen sich die Gänge zu füllen. Zwanzig Minuten lang spaziert die Deutsch- und Geschichtelehrerin auf dem Gang auf und ab. Erinnert die Kinder daran, die Sessel von den Tischen zu nehmen, die Kopfhörer vom iPod wegzuräumen und hört ihnen zu, wenn sie vom Wochenende erzählen - übrigens nicht nur erfreuliche Dinge.

8.00 Die erste Überraschung. Als Ramp mit schnellem Schritt in der 2b ankommt, ist ihr Kollege schon in der Klasse. In Deutsch wird nämlich - wie in allen Hauptfächern - zu zweit unterrichtet. Heute hätte - wie immer montags - auch eine freiwillige Lesepatin in der Klasse sein sollen. Doch sie kam nicht.

8.15 Geduld gefragt. Die Klasse wird geteilt. Die Schüler, die kaum deutsch sprechen - das sind übrigens viele -, bleiben im Raum, der Rest geht mit Ramp in die Bibliothek. Die einen üben zu sprechen, die anderen lesen Erich Kästners "Fliegendes Klassenzimmer". Schnell wird klar: Die Lehrerin braucht Geduld. Es geht nicht nur ums Lesen, sondern auch ums Verstehen. Also, was heißt "Offizier" eigentlich? Und was ist ein Rhinozeros?

8.50 Die erste Pause. Nun hat die 46-jährige ausgebildete AHS- und NMS-Lehrerin überraschenderweise eine Stunde frei. Eine Klasse ist auf Ausflug. Die Zeit überbrückt Ramp im komfortablen Lehrerzimmer. Komfortabel deshalb, da jeder Lehrer einen eigenen Tisch hat. Sogar eine kleine Küche gibt es. Die schlechte Nachricht: Computer gibt es für die mehr als 25 Lehrer nur zwei. Ramp korrigiert einen Teil der Lesehausübungen der zweiten und Aufsätze der vierten Klasse. Zwischendurch kommen Kollegen mit Fragen und der Direktor mit einer Bitte. So bleibt ein Großteil der Hausübungen liegen. Doch Ramp beteuert: Jede Hausübung wird korrigiert. Denn: "Wir sind froh, wenn die Kinder die Hausübung tatsächlich machen."

9.50 Organisation. Bevor der Unterricht in der vierten Klasse beginnt, gibt es einiges zu klären. Erstens: Bei welcher Krankenkasse sind die Schüler versichert? Zweitens: Wann sollen sie am Donnerstag am Treffpunkt sein? Und: Haben auch alle verstanden, dass am Donnerstag ein Ausflug stattfindet?

10.50 Gangaufsicht. Zurück ins Konferenzzimmer kommt Ramp in dieser Pause nicht. Sie beobachtet die Kinder.

11.00 Die nächste Deutschstunde. Auch diese startet mit Organisatorischem. Dann steht Kafka auf dem Programm. Nur wenige haben die Lesehausübung gemacht und die ersten Seiten gelesen. Das Nacherzählen gestaltet sich eher mühsam. Und so beginnt die kleine Gruppe - die Klasse wurde wieder geteilt -, das Buch von vorne zu lesen. Und zur Freude der Lehrerin wollen die Kinder sogar laut vorlesen. Die ersten paar Seiten von Kafkas "Verwandlung" ziehen die Kinder gerade in den Bann (Ist Gregor Samsa wirklich ein Ungeziefer? Oder bildet er sich alles nur ein?) und plötzlich ertönt die Schulglocke. Die  50 Minuten sind um - eindeutig zu früh.

11.50 Zeit für ein halbes Wurstbrot.

12.05 Geschichte. Ramp steht wieder in der vierten Klasse. Nun ist sie mit den 22 Schülern aber allein und unterrichtet Geschichte. Die Kinder arbeiten in Zweierteams an einer Aufgabe. Doch nicht alle machen mit. Denn allein in dieser Klasse sitzen fünf Kinder, die erst in den vergangenen Monaten nach Österreich gekommen sind und kaum deutsch sprechen. Sie erhalten von Ramp andere Aufgaben. Brendan sitzt etwa mit seinem Deutsch-Spanisch-Wörterbuch da und versucht den Text im Buch zu übersetzen.

12.50 Auf dem Weg zur Garderobe. Die Bücher werden weggesteckt, die Sessel auf den Tisch gestellt, die Lehrerin begleitet die Kinder zur Garderobe. Der Schultag ist vorbei.

13.05 Zurück im Konferenzzimmer. Die Kollegin erkundigt sich nach einem Schüler, den sie in der letzten Einheit eigentlich in die Klasse von Frau Ramp geschickt hat. Schnell steht fest: Dort ist er nie angekommen. Es folgt der Anruf bei den Eltern. Zu erreichen ist dort leider niemand.

14.00 Nach einer halben Stunde Fahrt ist die Lehrerin am Ziel: Sie sitzt nun in einer Schulung zum "Talentecheck". Diesen Test sollen heuer erstmals alle Wiener Kinder in der achten Schulstufe absolvieren. Die Lehrerin notiert die erforderlichen Details.

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15.45 Ende? Der Arbeitstag der Pädagogin ist beendet - zumindest vorerst. Jetzt fährt sie nach Hause und erledigt den Einkauf, dann werden die Deutschhausübungen korrigiert und die nächsten Hausübungsblätter vorbereitet. Montag ist übrigens ein vergleichsweise lockerer Tag. Jeden Mittwochnachmittag ist nämlich Teamsitzung - das braucht es in der NMS. Und am Donnerstag endet die Schule erst um 18 Uhr.

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