ÖVP verärgert über Rückzieher Heinisch-Hoseks

Josef Ostermayer
Josef Ostermayer APA/HERBERT NEUBAUER
  • Drucken

Die Bildungsministerin disqualifiziere sich als „paktfähige Verhandlungspartnerin“. Lehrer, Länder und Opposition sind dagegen erfreut. Beamtenminister Ostermayer verspricht nun 600 Bedienstete als Hilfe.

Wien. Gerade einmal zehn Tage sind noch Zeit bis zur Budgetrede von Finanzminister Michael Spindelegger (ÖVP) am 29. April im Nationalrat. Dementsprechend groß ist der Ärger in der ÖVP über Gabriele Heinisch-Hosek. Dass die rote Bildungsministerin ihre Sparpläne so kurzfristig über den Haufen wirft, passt nicht ins Prozedere. Es sei vor allem „feig, unkollegial und unfair“ gegenüber den anderen Ministern, wie es aus der ÖVP heißt. Immerhin hätten auch die anderen Regierungsmitglieder zum Teil unangenehme Kürzungen vornehmen und vor Kritikern argumentieren müssen. Dafür, dass es die Bildungsministerin „in den vergangenen vier Monaten verschlafen“ habe, die Gespräche mit Schulpartnern und Ländern zu suchen, habe man daher kein Verständnis. Die Ministerin „disqualifiziert sich so als paktfähige Verhandlungspartnerin“.

Groß ist der Ärger auch, weil die Zeit tatsächlich drängt: Damit die Budgetrede über die Bühne gehen kann, müssten Unterlagen für alle Abgeordneten gedruckt und Vorbereitungen getroffen werden. Länger als zwei bis drei Tage blieben Heinisch-Hosek also nicht, um ihre finalen Sparpläne zu präsentieren, wird in der ÖVP erläutert.

Ob und wie viel in der Bildung gespart werde, da will sich in der ÖVP niemand einmischen: Man habe lediglich die Gesamtsumme der Einsparungen zwischen den beiden Parteien aufgeteilt. Wie die SPÖ ihren Anteil erfülle, bleibe dieser überlassen. Dass Heinisch-Hosek noch Unterstützung von ihren eigenen Parteikollegen bekomme, glaubt aber niemand. Dem Vernehmen nach hätte sie ursprünglich weit mehr einsparen müssen. Nämlich 98 Millionen Euro in diesem Jahr, und nicht wie jetzt nur 57 Millionen Euro. Dazu kommen noch die 30 Millionen Euro, die sie sich von den Ländern holen muss. Dass sich die Summe verringert hat, sei vor allem Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) zu verdanken, der seiner Kollegin einige Millionen abgenommen habe.

„Zurück zum Start“ bei Schulgipfeln

Lehrer, Länder und die Opposition sind, ebenso wie die SPÖ-internen Kritiker, dagegen erfreut über den Rückzieher der Ministerin. Welche Sparmaßnahmen nun getroffen werden, will diese kommende Woche bei den ohnehin bereits anberaumten fünf Schulgipfeln mit Bildungslandesräten, Landesschulratspräsidenten, Eltern-, Lehrer- und Schülervertretern diskutieren. „Ich nehme die Kritiken der Betroffenen sehr ernst, weshalb ich sage: Zurück an den Start, und gemeinsam erarbeiten wir Verbesserungen für das System“, formulierte es Heinisch-Hosek. Man werde aber dann über Kostentransparenz beim Lehrereinsatz ebenso reden müssen wie über Gruppen- und Klassengrößen. Lehrer, Eltern und Schüler drängen aber auf einen gemeinsamen Termin statt auf getrennte Gespräche.

Zur Besänftigung der Kritiker rückt auch Beamtenminister Josef Ostermayer (SPÖ) aus. Er kündigte an, den Aufnahmestopp für administratives Unterstützungspersonal an den Schulen – etwa Schulwarte und Sekretärinnen – ab 2015 aufzuheben. Bis 2018 sollen 600 zusätzliche Planstellen für Supportkräfte zur Verfügung stehen, 120 davon erstmals zur IT-Betreuung. Heinisch-Hosek selbst hat allerdings als Beamtenministerin vor der Wahl 2013 viel mehr Personal, nämlich 2000 Posten, in Aussicht gestellt. (chs/red.)

AUF EINEN BLICK

Das Bildungsressort muss heuer 57 Mio. Euro sparen und sich für Lehrerkosten zudem 30 Millionen von den Ländern holen. Die ursprünglichen Sparpläne haben für heftige Kritik gesorgt. Folgendes war vorbereitet:

Die Länder sollten für jene Lehrer, die sie über den eigentlich vorgesehenen Stellenplan hinaus einstellen, künftig pro Jahr 60.000 statt 40.000Euro an den Bund zahlen.

An Neuen Mittelschulen sollten die Doppelbesetzungen reduziert werden. Statt für sechs sollte vom Bund nur noch für vier Wochenstunden ein Zweitlehrer finanziert werden.

An berufsbildenden Schulen sollten Klassen in der neunten Schulstufe in den Fächern Deutsch, Mathematik und dem Schwerpunktfach nicht mehr geteilt werden. Auch in den Werkstätten sollten die Gruppen größer werden.

An Gymnasien sollte es in der neunten Schulstufe in Deutsch und Mathematik ebenfalls keine Klassenteilung mehr geben. In Informatik und Zeichnen sollten Gruppen größer werden. Auch bei Wahlpflichtfächern sollte gespart werden.

Die Verwaltung sollte rund ein Drittel der Einsparungen aufbringen. Auch bei Inseraten und dem Bildungsinstitut BIFIE sollte gekürzt werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.04.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

SONDERSITZUNG DES NATIONALRATES: FAYMANN / HEINISCH-HOSEK
Schule

Sparen bei Ganztagsschulen ist für Eltern „kleineres Übel“

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) hat mit ihrem Plan, beim Ausbau der Ganztagsschule 50 Millionen Euro zu sparen, einen neuerlichen großen Aufschrei vermieden. Die Eltern sind besänftigt.
Schule

Ist die Ganztagsschule abgeblasen?

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) verteidigt ihren Plan, bei den Ganztagsschulen zu sparen. Die Mittel seien bislang ohnehin nicht ausgeschöpft worden.
Kürzung bei Ganztagsschule: "Das kleinere Übel"
Schule

Kürzung bei Ganztagsschule: "Das kleinere Übel"

Die Eltern wollen die neuen Sparpläne der Ministerin "zähneknirschend zur Kenntnis nehmen". Die SPÖ-Lehrer halten die Ideen für "gerade noch erträglich".
Leitartikel

Die Bankrotterklärung der Bildungsministerin

Die Ministerin findet plötzlich 50 Millionen Euro bei der Ganztagsschule. Und alles war nur ein "Missverständnis". Klingt, als wäre hier jemand überfordert.
SONDERSITZUNG DES NATIONALRATES: FAYMANN / HEINISCH-HOSEK
Schule

Heinisch-Hosek verteidigt Sparpläne: Kein Schaden zu erwarten

Die Sparvorhaben werden keinen Einfluss auf den Ausbau der Ganztagsschule haben. Bisher haben die Länder ohnehin nie alle Mittel ausgeschöpft.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.