„Akt der Notwehr“: Freie Privatschulen klagen

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die alternativen Privatschulen fordern via Verfassungsgerichtshof die Gleichstellung. Sie wollen das gleiche Geld wie die katholischen und evangelischen Schulen.

Wien. „Würde die Religionsgemeinschaft der Mormonen eine Schule gründen, müsste der Bund für die Personalkosten aufkommen. Die Lehrer einer Waldorfschule werden hingegen nicht finanziert.“ Es sind Beispiele wie dieses, mit denen am Dienstag die sogenannten freien Schulen bei einer Pressekonferenz eine „handfeste Ungleichbehandlung“ aufzeigen. Und damit soll sich nun der Verfassungsgerichtshof beschäftigen, denn 38 Schulen haben Klage eingereicht.

Dass die freien Schulen das tun müssen, sei „ein Akt der Notwehr“, sagt Elternvertreter Edgar Hernegger. Und betrifft auch nur diejenigen Schulen, die Öffentlichkeitsrecht haben und deren Zeugnisse somit anerkannt werden. Die Vertreter der Schulen erklären, dass sie in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten recht erfolglos verhandelt hätten und nun mit weniger Geld pro Schüler dastehen würden als zuvor: Die Zahl der Kinder an alternativen Schulen sei gestiegen, die Unterstützung aber nicht. Damit seien viele Schulen von finanzieller Not bedroht, und „jeder Fehler kann existenzbedrohend sein“, so Hernegger. Die Kosten werden derzeit vor allem durch Elternbeiträge und Subventionen finanziert. Letztere würden aber „nach inhaltlich willkürlichen Kriterien“ vergeben, so die Kritik.

Basis der Klage ist die Ungleichbehandlung mit den konfessionellen Privatschulen: Während die katholischen und evangelischen Institutionen einen Rechtsanspruch darauf haben, dass der Staat die Personalkosten trägt, würden die freien lediglich mit Ermessensförderungen bedacht, die auch jederzeit widerrufen werden könnten und den Personalaufwand nicht annähernd decken würden. Im Pflichtschulbereich erhalten die freien Schulen laut Auflistung der Kläger 750 Euro pro Schüler und Jahr, staatliche Schulen hingegen rund 8000. Nun fordern die freien Privatschulen mit der Gleichstellung, dass ihre Lehrerkosten übernommen werden – so wie bei den katholischen und evangelischen.

Lehrer oft anders ausgebildet

Doch bei den Pädagogen gibt es neben den Unterschieden bezüglich der Bezahlung auch Unterschiede bei der Qualifikation: In vielen Fällen haben sie nämlich nicht die Ausbildung, die der Staat verlangt. Was in der Vergangenheit von offizieller Seite auch als Grund für die Schlechterstellung angegeben wurde. Für Wolfram Proksch, den Anwalt der klagenden Schulen, ist das aber kein Argument. Denn auch an öffentlichen Schulen würden Pädagogen eingesetzt, die keine vollständige Ausbildung absolviert hätten – aber als Sondervertragslehrer doch vom Staat bezahlt würden. Man fordere lediglich eine Gleichstellung.

Der Anwalt hofft darauf, dass der Verfassungsgerichtshof die Klage kommendes Jahr behandelt. Grundlage der unterschiedlichen Regelungen für konfessionelle und nicht konfessionelle Schulen ist übrigens das Privatschulgesetz aus dem Jahr 1962, also einer Zeit, zu der es in Österreich noch gar keine Montessori-, Waldorf- oder andere Alternativschulen gegeben hat.

Die Grünen unterstützen wie Neos und Industriellenvereinigung die Forderungen. Das ganze System profitiere von den innovativen Konzepten dieser Schulen.

Auf einen Blick

Klage. 38 alternative Privatschulen wie etwa Waldorf- und Montessorischulen wollen beim Verfassungsgerichtshof erreichen, dass das Privatschulgesetz geändert wird. Sie sehen eine Verletzung von Gleichheitsgebot und Diskriminierungsverbot, außerdem sei die Vergabe von Förderungen nicht nachvollziehbar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2016)

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