Deutschklassen vor Schuleintritt für Hammerschmid "gefährlicher Populismus"

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Die scheidende Bildungsministerin hält nichts von dem schwarz-blauen Paket. Sie sei "fassungslos", wie wenig sich die Verhandlungspartner auskennen.

Kritik an dem "inhaltsleeren" Bildungspaket, das die Koalitionsverhandler ÖVP-Obmann Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache Dienstagnachmittag präsentiert haben, übte Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ). Sie sei "fassungslos, wie wenig die Verhandlungspartner offensichtlich von den Bedürfnissen unserer Lehrer und Schüler wissen", erklärte sie in einer Aussendung.

Als "gefährlichen Populismus" lehnt Hammerschmid die geplanten Deutschklassen vor Schuleintritt ab. "Wir können doch von Kindern nicht auf der einen Seite erwarten, dass sie sich integrieren und die Sprache lernen, und sie dann auf der anderen Seite ausgrenzen und zusammensperren."

"Undurchdachte Maßnahmen"

Insgesamt bewertet Hammerschmid die vorgestellten Maßnahmen als "undurchdacht", außer Schlagwörtern und Plattitüden scheine in den Arbeitsgruppen noch nichts entstanden zu sein. Erfreulich sei es, dass man bei der Bildung nicht sparen wolle. Es sei von den Verhandlern aber nicht geklärt worden, wie die Lücke von 600 Millionen Euro im Bildungsbudget für das Jahr 2018 geschlossen werden soll.

Als "geradezu entlarvend" bezeichnete sie, dass ÖVP und FPÖ die Wiedereinführung von verpflichtenden Ziffernnoten in der Volksschule "tatsächlich für das dringlichste Problem halten". "Durch die fortlaufende Dokumentation der alternativen Leistungsbeurteilung kann auf Lernschwächen rasch und präzise reagiert und Begabungen frühestmöglich gefördert werden", so Hammerschmid. Während erfolgreiche Bildungssysteme weltweit solche kompetenzorientierten Beurteilungen weiterentwickelten, würden ÖVP und FPÖ daran arbeiten, jede Innovationskraft im Bildungssystem im Keim zu ersticken.

ÖVP bremste bei Kleinsten

Bei der geplanten Einführung eines zweiten verpflichtenden Kindergartenjahres verweist Hammerschmid darauf, dass dies bereits im rot-schwarzen Regierungsprogramm enthalten gewesen sei, die ÖVP aber blockiert habe. Im nun vorgelegten Vorschlag sieht sie aber einen Rückschritt, "denn er umfasst nur einen Teil der Kinder". Vom verpflichtenden zweiten Kindergartenjahr müssten alle profitieren, forderte die scheidende Ministerin.

Die geplante Bildungspflicht bedeutet laut Hammerschmid de facto eine flexible Verlängerung der derzeit gültigen Schulpflicht. Das Konzept, wonach Jugendliche nach Vollendung der achten Schulstufe so lange weiter die Schule besuchen, bis sie die Bildungsstandards erfüllen, sei weder pädagogisch noch hinsichtlich der Finanzierung durchdacht.

(APA)

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