Ist genug Geld für Deutschklassen da?

Bildungsminister Heinz Faßmann sieht wegen des Budgets keinen Anlass für Krisenstimmung.
Bildungsminister Heinz Faßmann sieht wegen des Budgets keinen Anlass für Krisenstimmung.(c) Bundeskanzleramt/Dragan Tatic
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Dass die Mittel für die Integration an Schulen halbiert werden sollen, hält die Opposition für "brandgefährlich". Das sei so ohnehin nicht geplant, kontert das Bildungsministerium.

Wien. Die Budgetverhandlungen sind derzeit auf der Zielgeraden – und sorgen im Bildungsbereich für Aufregung. Denn laut eines „Standard“-Berichts sollen die Mittel für die Integration an Schulen halbiert werden. Das sorgte am Dienstag für Kritik der Opposition: Die Kürzungen seien „brandgefährlich“, sagte Ex-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ). Von einem „neuen Level der Verantwortungslosigkeit“ sprach Neos-Bildungssprecher Matthias Strolz.

Dass es ausgerechnet im Integrationsbereich weniger Geld geben soll, ist überraschend. Denn im Jänner hat Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) eigene Deutschförderklassen versprochen (siehe Artikel rechts). Im Herbst sollen die Deutschklassen starten. Dafür wird es, versprach der Minister am Dienstag, auf jeden Fall genug Geld und Personal geben. „Ich rechne damit, dass wir die Ausgaben, die wir tätigen müssen, auch tätigen können“, sagt Faßmann im ORF-Radio. Für Krisenstimmung sei demnach „kein Anlass gegeben“.

Integrationstopf läuft aus

Fakt ist aber, wie das Bildungsministerium der „Presse“ bestätigt, dass der sogenannte Integrationstopf mit Ende des Jahres ausläuft. Aus diesem wurden unter anderem 850 Sprachförderlehrer sowie Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen bezahlt. Der Topf, der vor zwei Jahren wegen der steigenden Flüchtlingszahlen eingerichtet wurde, war mit 80 Millionen Euro pro Jahr dotiert. Dieses Geld musste mit anderen Ressorts geteilt und außerdem jährlich erneut genehmigt werden. Das sei laut Ministerium der große Nachteil gewesen.

Anstelle des Integrationstopfes treten nun die Deutschklassen. Dafür gibt es laut Ministerium 40 Millionen Euro pro Jahr. So werden 440 zusätzliche Lehrer eingestellt. Von einer Halbierung von 850 auf 440 Lehrer, wie der „Standard“ das berichtete, will man im Ministerium trotzdem nicht sprechen. Das könne man wegen unterschiedlichster Zählweisen und Vertragsbefristungen so nicht sagen.

Die neue Art der Finanzierung sei „ein großer Fortschritt“, heißt es aus dem Ministerium. Statt der provisorischen gebe es nun endlich eine langfristige Lösung. Es brauche aufgrund der sinkenden Flüchtlingszahlen und der effizienteren Deutschklassen künftig weniger Ressourcen. Die seien nun jedenfalls sicher. Einzig mehr Sozialarbeiter und Psychologen will das Ministerium in den nächsten Tagen noch herausverhandeln.

Die „Liste der Grausligkeiten“

Mit den Budgetverhandlungen ist man im Bildungsministerium offiziell zufrieden. Noch vor einigen Monaten, als Faßmann das Ressort übernommen hat, sei die Situation „sehr dramatisch“ gewesen. Eine Budgetlücke von 450 Millionen habe es gegeben.

Deshalb sei damals eine „Liste an Grausligkeiten“ im Ressort kursiert. Darauf seien Einsparungsmaßnahmen notiert gewesen. Die Anhebung der Klassenschülerhöchstzahl von 25 auf 27 Schüler pro Klasse war eine davon. Schon ein Schüler pro Klasse mehr bringe 90 Millionen Euro.

Eine andere mögliche Sparmaßnahme sei Kürzung der Unterrichtseinheiten von 50 auf 45 Minuten gewesen. So hätte man die Unterrichtsverpflichtung der Lehrer – durch die Hintertüre – nach oben schrauben können. All das, so der Tenor im Ministerium, habe man verhindern können.

Mit dem neuen Budget, das vor der Budgetrede des Finanzministers Hartwig Löger am 21. März, paktiert werden muss, könne nun sogar die seit Jahren bestehende strukturelle Lücke, die durch die steigenden Lehrergehälter entsteht, geschlossen werden.

Insgesamt wird das Bildungsbudget nämlich leicht von 8,5 auf 8,8 Milliarden Euro steigen. Mit dem Plus von 331 Millionen für das nächste Jahr hofft das Bildungsministerium, ohne Nachverhandlung auszukommen.

Gespart werden muss trotzdem – etwa in der Verwaltung. 25 Millionen Euro spart das Ministerium durch die Senkung der BIG-Mieten. Hinzu kommen budgetäre Kunstgriffe. So werden die Übergangszeiten für das neue Lehrerdienstrecht ausgedehnt und die Gelder für den Ganztagsschulausbau auf einen längeren Zeitraum gestreckt. Das bringt budgetären Spielraum.

AUF EINEN BLICK

Im Bildungsbudget klafft seit Jahren eine Lücke. Die Mittel für die steigenden Lehrergehälter sind stets unterdotiert. Dieses strukturelle Loch könne nun, wie es aus dem Bildungsministerium heißt, geschlossen werden. Das Budget, das kurz vor dem Abschluss steht, soll von 8,5 auf 8,8 Milliarden Euro wachsen. Der mit 80 Millionen Euro dotierte Integrationstopf wird auslaufen. Dafür soll es frisches Geld für die Deutschklassen geben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.03.2018)

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