Schulschwänzer: „Schüler vergeuden ein Jahr ihres Lebens“

Die Maßnahmen bei Schulpflichtverletzungen werden strenger.
Die Maßnahmen bei Schulpflichtverletzungen werden strenger.(c) Clemens Fabry
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Den Lehrern geht die Reform der Strafen nicht weit genug. Sie fordern Maßnahmen für ältere Schüler: von Beratung bis Abmeldung.

Wien. Den Lehrern gehen die verschärften Regelungen bei den Strafen für Schulschwänzer nicht weit genug. Die Lehrervertreter an den Gymnasien und den berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) vermissen bei dieser Reform nämlich Maßnahmen für ältere Schüler, die häufig nicht zum Unterricht erscheinen. Denn die Reform, die laut ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann ab Herbst gelten soll, betrifft nur schulpflichtige Schüler – also jene, die noch keine vollen neun Jahre in der Schule waren.

Zur Erinnerung: Die Maßnahmen bei Schulpflichtverletzungen werden strenger. Der Fünf-Stufen-Plan, an dessen Ende nach diversen Gesprächen der Schwänzer mit Eltern, Direktor und Psychologen bis zu 440 Euro Strafe für die Eltern stehen, wird gekippt. Künftig gibt es rascher Konsequenzen. Fehlt ein Schüler bis zu drei Tage ungerechtfertigt, gibt es Sofortmaßnahmen, etwa Verwarnungen. Mehr als drei ungerechtfertigte Fehltage sind automatisch eine Verwaltungsübertretung, für die eine Geldstrafe von mindestens 110 (und maximal 440) Euro verhängt wird. Bisher war keine Untergrenze vorgesehen.

Die Reform begrüßen die Lehrervertreter prinzipiell. Schwänzen komme aber bei den älteren Schülern erfahrungsgemäß häufiger vor, heißt es in der Stellungnahme der AHS-Lehrer zum Gesetzesentwurf, wie die Austria Presse Agentur berichtet. „Wir haben in der Oberstufe außer in den ersten Klassen keine schulpflichtigen Schüler mehr“, sagt der oberste BMHS-Lehrervertreter Roland Gangl zur „Presse“. „Aber wir haben auch Schüler mit sehr vielen Fehlstunden.“ Auch, wenn es sich nicht um ein Massenphänomen handle: Es gebe Klassen, in denen ein, zwei Schüler kommen und gehen, wie sie wollen. „Im schlimmsten Fall vergeuden Schüler ein Jahr ihres Lebens.“

Alternative Ausbildung?

Was tun? Geldstrafen für Eltern wie bei den jüngeren Schülern hält Gangl nicht für sinnvoll, weil die Schüler nicht mehr schulpflichtig und insofern freiwillig in der Schule seien. Er wünscht sich mehr Unterstützungspersonal – eine Forderung, die seitens der Lehrer stets als Antwort auf eine ganze Reihe von Schulproblemen kommt. Auch gehäuftes Schwänzen könnte mit Unterstützung an den Schulen mit hoher Wahrscheinlichkeit reduziert werden, heißt es nun. Psychologen und Sozialarbeiter könnten dauerschwänzende Schüler beraten und unterstützen. Im Extremfall könne das Ergebnis einer solchen Beratung auch sein, dass ein anderer Ausbildungsweg besser passt.

Bei den Konsequenzen für jene Schüler, bei denen auch das nichts bringt, würde Gangl freilich gern nachschärfen: Derzeit gelten Schüler einer mittleren oder höheren Schule als vom Schulbesuch abgemeldet, wenn sie länger als eine Woche nicht erscheinen und auch nach Aufforderung eine Woche lang keine Rechtfertigung kommt. „Das ist aus meiner Sicht eine problematische Formulierung“, meint Gangl. Denn solange Schüler pro Woche auch nur eine einzige Stunde kommen, könne man nichts ausrichten. Und das könne lang so gehen. „Ich plädiere dafür, dass das adaptiert wird, damit es früher zu einer Entscheidung kommt.“ Wesentlich seien aber die Beratungsgespräche.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.03.2018)

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