Mathematikmatura: Den vielen Fünfern auf der Spur

In Mathematik seien der harte Notenschlüssel und die sprachlastigen „Texträtsel“ zu hinterfragen, kritisierte Gernot Schreyer, Chef des Elternverbands an mittleren und höheren Schulen.
In Mathematik seien der harte Notenschlüssel und die sprachlastigen „Texträtsel“ zu hinterfragen, kritisierte Gernot Schreyer, Chef des Elternverbands an mittleren und höheren Schulen.(c) Clemens Fabry
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Die Volksanwaltschaft leitet nach der schriftlichen Klausur eine Prüfung ein. War die diesjährige Mathematikprüfung zu schwierig?

Wien. Der Wirbel um die Mathematikmatura geht weiter: Nachdem sich heuer besonders schlechte Ergebnisse abzeichnen („Die Presse“ berichtete), kündigte Volksanwalt Peter Fichtenbauer (FPÖ) am Dienstag ein Prüfverfahren des Bildungsministeriums an.

„Bei der Matura geht es darum, erlerntes Wissen abzuprüfen und nicht die Schülerinnen und Schüler mit verwirrenden Fragen und zu komplexen Aufgabenstellungen zu sekkieren. Aufgrund der umfangreichen scharfen Kritik werde ich mich dieser Sache annehmen und den Umständen für die schlechte Vorbereitung und Umsetzung der diesjährigen Mathematik-Zentralmatura auf den Grund gehen“, schreibt Fichtenbauer in einer Aussendung.

Zuvor hatten die Eltern massiv Alarm geschlagen – und angesichts der schlechten Mathematikergebnisse ein komplettes Neuaufsetzen der Zentralmatura gefordert. In Mathematik seien der harte Notenschlüssel und die sprachlastigen „Texträtsel“ zu hinterfragen, kritisierte Gernot Schreyer, Chef des Elternverbands an mittleren und höheren Schulen. „Wie kann es sein, dass Schüler, und das sind keine Einzelfälle, in der gesamten Oberstufe ausschließlich ,Sehr gut‘ und ,Gut‘ haben und dann bei der Matura extrem schlecht abschneiden?“

Aus dem Teil A der Mathematikmatura an den BHS
Aus dem Teil A der Mathematikmatura an den BHSQuelle: Bildungsministerium

Drei Jahre wird an Beispielen gearbeitet

Woran liegt es wirklich? Die Frage stellt man sich auch im Bildungsministerium. Noch hat man aber keine abschließende Antwort gefunden. Laut Rückmeldungen aus den Schulen scheinen viele Maturanten an sprachlichen Feinheiten gescheitert sein. Nun werde jedenfalls der Erstellungsprozess der Maturabeispiele noch einmal ganz genau unter die Lupe genommen.

Dabei machte man sich die Auswahl und Erstellung der Beispiele schon bisher nicht leicht. Das Prozedere dauert zwei bis drei Jahre. Die Aufgaben werden von eigens eingeschulten Lehrern erstellt und intern kontrolliert. Bei Feldtests werden sie Schülern vorgelegt, um zu überprüfen, ob sie gut verständlich und lösbar sind – sonst werden sie ausgesiebt. Passende Beispiele werden Vertretern der mathematischen Gesellschaft vorgelegt. Aus dem Pool an Aufgaben wählen Beamte des Ministeriums dann die Beispiele aus. „Vielleicht gibt es gruppendynamische Effekte, wenn nur Mathematiker beieinander sitzen“, wurde im Ministerium spekuliert.

Experte: Aufgaben nicht zu schwierig

Die Frage nach den möglichen Ursachen sei nicht leicht zu beantworten, sagt auch Mathematikdidaktiker Karl-Josef Fuchs von der Uni Salzburg, der bis zum Vorjahr wissenschaftlicher Berater für die BHS-Matura war. Aufgefallen sind ihm die eher vielen Multiple-Choice-Fragen, die bisher nicht in diesem Ausmaß eingesetzt worden seien, wie er der „Presse“ sagt. Zu lange Texte oder unnötige Informationen habe er nicht entdeckt, auch insgesamt seien die Aufgaben nicht zu schwierig gewesen. „Es wurden Dinge gefragt, bei denen ich mir sicher bin, dass die Kollegen das mit den Schülern geübt haben.“ Grundsätzlich hält er die viereinhalb Stunden für die Klausur aber für zu lang – und insofern auch die Aufgaben für zu viele.

Die Zentralmatura soll, wie Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ankündigte, nun ohnehin evaluiert und adaptiert werden. Erste Änderungswünsche wurden schon laut. Sowohl FPÖ-Bildungssprecher Wendelin Mölzer als auch ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner können sich eine teilzentrale Matura vorstellen. Laut Taschner könnte es einen Pflicht- und einen Kürteil geben. Konkret könnten dabei Schüler zwei Stunden der schriftlichen Matura mit einem Basisteil an zentral vorgegebenen Aufgaben verbringen und zwei Stunden mit Fragen, die vom Klassenlehrer erstellt wurden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2018)

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