Deutschklassen: Innsbruck legt sich quer

Symbolbild: Deutschunterricht für Schüler mit Migrationshintergrund
Symbolbild: Deutschunterricht für Schüler mit MigrationshintergrundClemens Fabry
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"Alles umzustellen, dafür fehlt schlicht die Vorlaufzeit": Die Stadtregierung will die von der Bundesregierung geplanten Deutschklassen, die im Herbst starten sollen, nicht umsetzen.

Die von der Regierung geplanten Deutschklassen, die im Herbst starten sollen, sorgen weiter für Wirbel: Nachdem in der Vorwoche einzelne Direktoren laut über einen Boykott der Deutschklassen nachgedacht haben, will sich nun offenbar die Stadt Innsbruck quer legen. Wie die frisch gekürte SPÖ-Bildungsstadträtin Elisabeth Mayr der "Tiroler Tageszeitung" erklärte, habe die Stadtregierung im Koalitionspapier vereinbart, "keine separaten Deutschförderklassen in Innsbruck umzusetzen".

Neben inhaltlichen Bedenken bemängelte Mayr auch die fehlenden Informationen aus dem Bildungsministerium: "Alles umzustellen, dafür fehlt schlicht die Vorlaufzeit." Auch der grüne Koalitionspartner hält laut Klubobfrau Renate Krammer-Stark nichts von den separierten Deutschförderklassen: "Das ist der falsche Weg und den werden wir nicht beschreiten."

Tirols ÖVP-Bildungslandesrätin Beate Palfrader steht den Deutschförderklassen hingegen positiv gegenüber, will aber erst Genaueres sagen, wenn Details aus dem Ministerium vorliegen. Die Gewerkschaft der Pflichtschullehrer in Tirol setzt auf das Treffen im Bildungsministerium und schließt Protestmaßnahmen nicht aus.

Gewerkschaft trifft Minister am Mittwoch

Das Treffen zwischen Gewerkschaft und Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) wird am Mittwochnachmittag stattfinden. Die Gewerkschaft pocht auf Planungssicherheit bei den ab Herbst einzurichtenden Deutschförderklassen. Er verstehe etwa nicht, warum man nicht auf die autonomen Gegebenheiten an den einzelnen Standorten Rücksicht nehme, so Gewerkschafts-Vorsitzender Paul Kimberger.

Deutschklassen

Kinder, die dem Unterricht nicht ausreichend folgen können, werden als sogenannte außerordentliche Schüler eingestuft und kommen ab Herbst für maximal vier Semester in eine eigene Deutschförderklasse. Dort wird dann in 15 bis 20 Wochenstunden nach eigenem Lehrplan Deutsch unterrichtet - für Gegenstände wie Zeichnen, Musik oder Turnen werden die Kinder dann aber altersgemäß den normalen Regelklassen zugeteilt. Einschränkung: Die Klassen werden erst ab acht Schülern pro Standort eingerichtet. Besuchen müssen sie außerdem nur jene Kinder, die in der ersten Schulstufe aufgenommen wurden, oder gerade in Österreich angekommene Quereinsteiger ins Schulsystem.

Nach jedem Semester soll dann nach einem österreichweit einheitlichen Test überprüft werden, ob die Kinder dem Regelunterricht mittlerweile ausreichend folgen können. Ist dies der Fall, können sie in die Regelklassen wechseln. Dort erhalten sie noch sechs Stunden pro Woche parallel zum Unterricht Förderung in einem Deutschförderkurs.

Im Moment gingen sowohl in der Öffentlichkeit als auch in der Lehrerschaft die Wogen ziemlich hoch, schilderte Kimberger. "Ich kann weite Teile der Kritik nachvollziehen." Die Gewerkschaft habe bereits zum Begutachtungsentwurf eine sehr kritische Stellungnahme abgegeben.

"Ich verstehe zum Beispiel nicht, warum man nicht auf bestehende, erfolgreiche Sprachfördermodelle an einzelnen Standorten aufsetzen kann", betonte der Lehrervertreter. "Ich verstehe auch nicht, warum es keine Gruppen-Obergrenze gibt." Dazu komme, dass es nach wie vor weder Diagnoseinstrumente für den Sprachförderbedarf noch Lehrpläne gebe. In Ballungsräumen könnten sich aufgrund von Raumproblemen organisatorische Schwierigkeiten ergeben. Und schließlich gelte es auch besoldungsrechtliche Fragen zu klären.

Zusätzliche Sprachförderung "kostet etwas"

Grundsätzlich halte er mehr Sprachförderung für positiv, betonte Kimberger. Die Umsetzung sei, sagte er einst im Gespräch mit der "Presse", allerdings "in den Sand gesetzt" worden. "Ich sehe auch eine Art Crashkurs als eine gute Maßnahme, wenn man eine kleine Gruppe von Kindern intensiv in der Unterrichtssprache beschult. Man muss aber auf die jeweiligen Voraussetzungen an den Standorten eingehen." Und es müsse auch klar sein, dass zusätzliche Sprachförderung etwas koste, meinte der Gewerkschafter. "Das versteht sich von selbst."

>>> Zum Artikel in der "Tiroler Tageszeitung"

(APA/Red.)

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