Schule: Zuwanderer fallen eher aus System

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Nur elf Prozent der Jungen sind hierzulande weder in einer Ausbildung noch im Job. Bei Migranten gehört Österreich aber zu den Schlusslichtern. Nicht nur das zeigt das Zeugnis der OECD.

Wien. Es ist auf den ersten Blick eine gute Nachricht, die die OECD hier überbringt: Der Übergang von der Schule zum Job funktioniert in Österreich vergleichsweise gut. Nur elf Prozent der 15- bis 29-Jährigen sind hierzulande weder in einer Ausbildung noch berufstätig, wie die jährliche internationale Studie „Bildung auf einen Blick“ zeigt. Im internationalen Schnitt (sowohl in der OECD als auch in der EU) sind jeweils rund 13 Prozent der jungen Menschen betroffen.

Beim zweiten Blick wird allerdings klar, dass Österreich in diesem Punkt sehr wohl ein Problem hat: Die jungen Zuwanderer bleiben zurück. Sie fallen drei Mal öfter unter die sogenannten NEETs – der Begriff steht für „Not in Education, Employment or Training“ – als die, die in Österreich geboren sind: Fast jeder vierte junge Migrant (24 Prozent) ist betroffen, dagegen nicht einmal jeder zehnte Einheimische (acht Prozent).

Migranten haben zwar in den meisten der untersuchten Länder mehr Probleme als Einheimische, wenn es um den Übergang zum Arbeitsmarkt geht. Mit der Kluft von 16 Prozentpunkten gehört Österreich aber – knapp vor Deutschland – zu den Schlusslichtern. Im internationalen Schnitt ist der Unterschied deutlich geringer: Er liegt bei sechs Prozentpunkten (Ausländer: 18 Prozent, Inländer: 13 Prozent). In einem Drittel der OECD-Länder macht der Unterschied sogar weniger als drei Prozentpunkte aus, etwa in Neuseeland, trotz vieler junger Migranten – was laut OECD mit dem Punktesystem für Immigration zu tun haben könnte.

Mit der Studie „Bildung auf einen Blick“ stellt die OECD den Bildungssystemen in der ganzen Welt jedes Jahr eine Art Zeugnis aus. Für Österreich sind die Befunde auch dieses Jahr gemischt.

Schlechte Chancen an der Uni. Personen, deren Eltern keinen Tertiärabschluss haben, sind in allen Vergleichsländern bei den Studienanfängern und Absolventen unterrepräsentiert. In Österreich aber besonders. So haben hier 64 Prozent aller 20- bis 29-Jährigen Eltern ohne Hochschulabschluss. Unter den Absolventen eines Studiums sind es dagegen nur noch 38 Prozent. Diese Kluft ist mit rund 26 Prozentpunkten in Österreich am größten – ex aequo mit Schweden. Abstände von nur knapp über zehn Prozentpunkten verzeichnen dagegen Australien oder Kanada. Andere Indikatoren weisen ebenfalls auf Ungleichheiten hin: So geht ein niedriger Bildungsstand der Eltern tendenziell mit einem späteren Start eines Studiums einher.

Wenige Akademiker – je nach Zählung. Wenn man nur die klassischen Hochschulabschlüsse zählt, dann liegt die Akademikerquote mit 17 Prozent weit unter dem OECD-Schnitt von 30 Prozent. Mittlerweile werden aber auch die BHS-Abschlüsse als kurze tertiäre Ausbildung gerechnet. Dann sieht es besser aus: mit 32 Prozent (Österreich) zu 37 Prozent (OECD). Prognostiziert wird, dass 47 Prozent eines Altersjahrgangs einen tertiären Abschluss machen – BHS inklusive. Das liegt knapp unter dem OECD-Schnitt (49 Prozent). Rechnet man klassische Abschlüsse, ist Österreich weiter hinten.

Kleine Klassen bei den Jüngeren. 2016 saßen in Österreich in der Volksschule 18 Kinder in einer Klasse. Im OECD-Schnitt sind es 21. Nur in Griechenland und Lettland waren es noch weniger als in Österreich. In der AHS-Unterstufe und in der Hauptschule/Neue Mittelschule lag die durchschnittliche Klassengröße in Österreich bei 21 Schülern, OECD-weit bei 23.

Viele alte Lehrer. Österreich hat relativ alte Lehrer. In der Volksschule ist jeder vierte Pädagoge 50 Jahre alt oder älter, international sind es 31 Prozent. In der AHS-Unterstufe bzw. Neuen Mittelschule sind 49 Prozent der Lehrer über 50 Jahre alt, OECD-weit sind es 35 Prozent.

Teure Schüler und Studenten. Bildung kommt in Österreich teuer. Die Kosten pro Schüler bzw. Student betrugen 2015 (mit dieser Zahl rechnet die OECD) pro Kopf durchschnittlich 13.688 US-Dollar, weit über dem OECD-Schnitt von 9834 Dollar. Gleiches gilt für die jeweiligen Einzelbereiche Volksschule, Sekundarstufe und – etwas eingeschränkt – Hochschulen.

Ausgaben unter Schnitt. Die Bildungsausgaben lagen 2015 knapp unter dem OECD-Schnitt: In Österreich werden 4,9 Prozent des BIP für Bildungseinrichtungen verwendet, international sind es genau fünf Prozent. Der Anteil der Bildungsausgaben an den öffentlichen Gesamtausgaben beträgt in Österreich 9,6 Prozent und ist damit ebenfalls unter dem Durchschnitt (11,1 Prozent). Der Anteil der privaten Ausgaben liegt bei fünf Prozent, OECD-weit bei neun. Grund ist vor allem der Hochschulsektor ohne Studiengebühr.

Die Schlüsse aus der OECD-Studie sind traditionellerweise unterschiedlich. ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann will bei den Deutschkenntnissen vieler Migranten ansetzen. Die SPÖ fordert, die für Oktober geplanten Studiengebühren für berufstätige Studenten zurückzunehmen, die die soziale Selektion verschärfen würden. Die Neos fordern dagegen allgemeine, nachgelagerte Studiengebühren an den Hochschulen. Und die Industriellenvereinigung mahnt Maßnahmen ein, um dem Bildungsabbruch junger Menschen entgegenzuwirken. Die hohen Zahlen bei den Migranten seien weder gesellschaftlich noch volkswirtschaftlich hinnehmbar. (APA/beba)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2018)

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