Schul-Gewalt: Ludwigs kurzer Prozess

Michael Ludwig.
Michael Ludwig. (c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Bürgermeister lässt eine Hotline einrichten und eine schnelle Eingreiftruppe aufstellen. Der lange Amtsweg soll so umgangen werden.

Wien. Die Bundes-SPÖ ist eine einzige Baustelle, sein Büro im Wiener Rathaus fast vier Monate nach dem Amtsantritt ebenso – und die Stadtpolitik? Na ja. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig sitzt an diesem (spät)sommerlichen Donnerstag in jenem Roten Salon, in dem er am 31. August geheiratet hat. Diesmal sagt er nicht Ja. Sondern Nein.

Nein zu Gewalt an den Schulen. Und Nein, mit dem Buch der Pädagogin Susanne Wiesinger über teilweise unhaltbare Zustände an Wiener Schulen habe seine Initiative nichts zu tun. Stichworte: Gewalt, fehlender Respekt Lehrern gegenüber, nationalistisch motivierte Auseinandersetzungen, Verbot des Schwimmunterrichts für islamische Mädchen etc.

Der Bürgermeister präsentiert, an einem langen Tisch assistiert von seinem Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky und mit Bildungsdirektor Heinrich Himmer als Zuhörer, ein Drei-Punkte-Programm. Ludwigs Credo „Nicht zudecken oder Dingen ausweichen, sondern sie angreifen.“

1. Telefonhotline. In den nächsten Tagen soll diese installiert werden. Lehrer und Schüler können sich an diese Hotline bei einschlägigen Problemen direkt wenden. Ludwig macht mit den von Lehrern wegen der Länge häufig kritisierten Amtswegen also kurzen Prozess.

2. Soforthilfe-Truppe. Parallel dazu wird eine Stabsstelle in der Bildungsdirektion gebildet. Ziel: Sozialarbeiter, Schulpsychologen, Beratungslehrer und auch Grätzelpolizisten sollen vernetzt und bei Vorfällen aktiviert werden.

3. Sanktionen. Finanzielle Strafen für Eltern, die die Zusammenarbeit mit Schule und Behörden verweigern oder ihren Betreuungspflichten nicht nachkommen, lehnt Ludwig ab. Erst am Vortag hat die Wiener ÖVP genau dies gefordert. Wiens SPÖ-Chef: „Damit würden wir nur die Kinder treffen.“ Er appelliert an den Bund, der die Kompetenz hat, Sanktionsmöglichkeiten bei Regelverstößen zu prüfen. Selbst bleibt er eher vage. Ludwig: „Wir müssen die Eltern in die Pflicht nehmen.“ Auf mehrmaliges Nachfragen meint er dann: Als letzte Konsequenz gebe es die Kindesabnahme. Jedenfalls sei es kontraproduktiv, bei Verstößen Kinder und Jugendliche bis zu vier Wochen von der Schule zu suspendieren (und sie auf der Straße Gefahren auszusetzen). Das Gegenteil sei notwendig: Auffällig Gewordene länger an der Schule zu halten und mit ihnen zu arbeiten.

Darüber hinaus erneuert der Bürgermeister seine Forderung nach einem verpflichtenden zweiten Kindergartenjahr und nach einem Ethikunterricht für die, die sich vom Fach Religion abmelden. Ganz vergessen hat er die Zeit als Wohnbaustadtrat nicht. Wie in Gemeindebauten soll an jeder Schule die Hausordnung für alle sichtbar sein. Mit Werten und Regeln des Zusammenlebens. Ludwig, vielleicht für manche überraschend: „Da geht es auch um Disziplin und Leistung.“ Zumindest auf seiner Seite der rot-grünen Baustelle werden Konturen sichtbar. (d. n.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2018)

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