Minister Faßmann suspendiert TGM-Direktor

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Grund sind Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von Einnahmen der an die Schule angeschlossenen Versuchsanstalt. Mehr als 100 Personen sollen ungerechtfertigt Taxen bezogen haben.

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) hat den Direktor des Technologischen Gewerbemuseums (TGM) in Wien-Brigittenau vorläufig seines Amtes enthoben. Grund sind Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von Einnahmen der an die Schule angeschlossenen Versuchsanstalt, hieß es bei einer Pressekonferenz am Freitag. Mehr als 100 Mitarbeiter sollen ungerechtfertigt sogenannte Taxen bezogen haben.

Das TGM ist eine Höhere Technische Lehranstalt (HTL) mit Besonderheiten: Als Zentrallehranstalt untersteht sie (ohne Umweg über den Stadtschulrat) direkt dem Bildungsministerium. Außerdem ist eine ebenfalls vom TGM-Direktor geleitete Versuchsanstalt angeschlossen, die vor allem für Wirtschaftsbetriebe überprüft, ob bestimmte Produkte den einschlägigen Regeln entsprechen - also ob etwa Kunststoffrohre die nötige Hitzebeständigkeit aufweisen. Dafür wird sie von diesen Betrieben bezahlt.

Die im Zuge einer Prüfung der internen Revision des Ministeriums erhobenen Vorwürfe betreffen nicht die Schule, sondern nur die Versuchsanstalt. Für die Prüfleistungen sollen Umsatzbeteiligungen ausbezahlt worden sein, für die keine gesetzlichen Grundlagen existieren. "Ein Minister muss handeln, wenn er von der internen Revision erfährt, dass es Unregelmäßigkeiten gibt", betonte Faßmann. Konkret wurde neben der Suspendierung des Leiters eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft übermittelt sowie Disziplinaranzeigen und schriftliche Ermahnungen an Fachbereichsleiter der Versuchsanstalt ausgesprochen. Auch im Ministerium gab es wegen mangelnder Kontrolle zwei Disziplinaranzeigen.

41 Fälle von Doppelauszahlungen

Insgesamt wurden an 107 Bedienstete für ihre Prüftätigkeit Taxen ausbezahlt, zehn davon bekamen besonders hohe Summen. Bei 41 Beschäftigten sei es dabei zu Doppelauszahlungen gekommen, so der Leiter der internen Revision im Ministerium, Andreas Berger. Laut deren Arbeitsplatzbeschreibung sei die Erbringung der Prüfleistungen durch das Gehalt bereits abgedeckt. Die restlichen Fälle betreffen Mitarbeiter, die zwar grundsätzlich für ihre Prüfungen extra entlohnt werden dürften - allerdings nicht durch Taxen, sondern über den Weg von Mehrdienstleistungen oder Nebentätigkeiten oder -beschäftigungen.

Insgesamt erwirtschaftet die Versuchsanstalt rund 3,8 Mio. Euro pro Jahr. Daraus müssen Infrastruktur und Personalkosten bezahlt bzw. Investitionen getätigt werden. Ein etwaiger Überschuss darf zum Zweck der Anstalt verwendet werden. Nach Ansicht Bergers sei dies am TGM "extrem ausgelegt" und die Mittel auf die Mitarbeiter aufgeteilt worden. Neben den Prüfern bekamen auch die jeweiligen Fachbereichsleiter und der Leiter einen Teil davon ausbezahlt. Insgesamt bezifferte Berger den dem Bund entstandenen Schaden auf 600.000 Euro pro Jahr, im gesamten Prüfzeitraum von drei Jahren also 1,8 Mio. Euro.

"Gehen davon aus, dass sie in gutem Glauben handelten"

Gleichzeitig räumte Faßmann ein, dass es keine klaren Regeln über die Verwendung der Drittmittel gibt. Hier möchte er künftig klare Vorgaben schaffen. Die Schulleitung beruft sich bei ihrem Vorgehen auf einen Erlass des Ministeriums aus dem Jahr 2014. "Dieser verbietet die Taxen nicht ausdrücklich", meinte Berger. Allerdings sei es aufgrund der gesetzlichen Vorgaben klar, dass keine doppelten Bezahlungen geleistet werden dürften bzw. erlaubte Zusatzbezahlungen auf anderem Weg abgewickelt werden müssten.

Für die betroffenen Mitarbeiter gibt es abgesehen von den Leitungspositionen vorerst keine disziplinären Konsequenzen. "Wir gehen davon aus, dass sie in gutem Glauben gehandelt haben", meinte Berger. Auch über die Leitung wolle man "keinen Stab zu früh brechen", betonte Faßmann.

Vorerst wird das TGM durch Ministerialbeamte geleitet. Die interne Revision soll außerdem die anderen 18 Versuchsanstalten an anderen Schulstandorten überprüfen.

(APA)

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