Neue Soforthilfetrupps für Schulen – und türkis-rote Spannung

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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20 zusätzliche Sozialarbeiter werden in Wien ab Februar ihre Arbeit aufnehmen. Sie sollen auch mit Familien in Kontakt treten.

Wien. Die Stimmung zwischen der Stadt Wien und dem Bund ist angespannt – auch in Schulfragen. Am gestrigen Vormittag war das besonders sichtbar: Während in der Lichtenfelsgasse die ÖVP-Minister Heinz Faßmann und Gernot Blümel die Bedeutung der von Wien stets kritisierten Deutschklassen hervorstrichen, klagte wenige Meter entfernt im Rathaus Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky an der Seite von Bürgermeister Michael Ludwig (beide SPÖ) über Kürzungen beim Schulpersonal. Es vergehe nahezu kein Monat, an dem der Bund nicht etwas streiche, meinte er – während Wien seine Lehrer nicht alleine lasse.

Gestern stellte Czernohorszky eine Maßnahme vor, die der Bürgermeister angesichts der Debatte über Gewalt an Schulen bereits im Herbst angekündigt hatte: die Soforthilfetrupps für Schulen, offiziell: Schulkooperationsteams, die die Stadt Wien nun schafft.

Sechs solche Teams – insgesamt 20 neu angestellte Sozialarbeiter und Sozialpädagogen – sollen ab Februar ihre Arbeit aufnehmen. Sie sollen in Problemfällen konkreter Ansprechpartner für die Lehrer sein – aber auch mit anderen Stellen vernetzt sein, von der Schulpsychologie bis hin zur Polizei. Die Teams sollen auch direkt mit den Familien in Kontakt treten. Sie werden an die Familienzentren der MA11 angedockt, die an sechs Standorten in Wien verteilt sind.

Die Hilfe soll möglichst rasch erfolgen, wie der Leiter der Teams, Christian Oswald, erklärte: Wenn Probleme auftreten und eine Lehrkraft die Mitarbeiter kontaktieren, soll binnen weniger Tage ein sogenanntes Clearinggespräch stattfinden, in dem weitere Maßnahmen erörtert werden – etwa sozialpädagogische Beratung oder Elterntrainings. Die Ottakringer Mittelschuldirektorin Anneliese Hell, so wie Wiens Bildungsdirektor Heinrich Himmer (SPÖ) ebenfalls bei dem Termin, freut sich darüber: Der Einflussbereich der Schule auf Familien sei begrenzt, die aktuellen Ressourcen zudem zu knapp.

Fordert mehr Unterstützung

Noch ohne die 20 neuen Posten – für die die Rekrutierung läuft – gibt es für die rund 230.000 Schüler in Wien derzeit 39 Schulpsychologen und 27 Sozialarbeiter.Weitere 41 Sozialarbeiter und sechs mobile interkulturelle Teams, die für besonders belastete Schulen aus dem Integrationspaket des Bildungsministeriums finanziert wurden, laufen aus. Letzteres kritisiert Czernohorszky scharf: „Wir stehen vor der Situation, dass in diesem Schuljahr so wenig Lehrer, so wenig Supportpersonal da ist, wie schon lange nicht.“ Dass der Bund kürze „und dann noch mit dem Finger auf Wien zeigt“, mache die Arbeit für die Schulen besonders schwer. Er fordert angesichts der Herausforderungen in Ballungsräumen – nicht nur in Wien – dringend Unterstützung vom Bund ein.

Das Bildungsressort argumentiert, dass das Personal aus dem Integrationspaket für die Flüchtlingskrise gedacht war – und dass die Schulsozialarbeit außerdem prinzipiell Aufgabe des jeweiligen Bundeslandes sei. In dieselbe Kerbe schlägt Wiener ÖVP: Sie fordert, dass die Stadt einen Schulsozialarbeiter pro Standort finanziert. Das sei realisierbar – wenn man die Mittel richtig einsetze, wie es mit einem Seitenhieb auf die Gehälter beim Verein Wiener Kinder- und Jugendbetreuung heißt, die der Rechnungshof zuletzt kritisierte.

Deutschklasse als Prävention

Faßmann begrüßte die Soforthilfetrupps bei seinem Termin grundsätzlich. Die von ihm initiierten Deutschklassen seien in Wien hingegen „reflexartig“ abgelehnt worden. Dabei hätten sie sich „nicht als schlimm erwiesen“. In Wien besuchen 6000 Schüler eine solche. Bald werden es – wegen ihres Fortschritts – weniger sein. Deshalb seien die Deutschklassen „Präventionsmittel für Mindestsicherung“, so Blümel, um ein weiteres Streitthema zwischen Türkis-Blau und Rot-Grün anzusprechen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.01.2019)

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