Sexualpädagogik: Teenstar wird doch aus Schulen verbannt

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Bildungsminister Heinz Faßmann empfiehlt, den umstrittenen Aufklärungsverein nicht mehr an Schulen zu beschäftigen. Vereine müssen zukünftig akkreditiert sein, damit sie an Schulen geholt werden dürfen.

Wien. Nun also doch: Nach monatelangen Diskussionen über zweifelhafte Inhalte soll der christliche Sexualkundeverein Teenstar nun aus den heimischen Schulen verbannt werden. „Ich empfehle keine weitere Beschäftigung des Vereins in den Schulen“, bestätigte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) der „Presse“ am Montag einen aktuellen Bericht des „Falter“.

Noch vor wenigen Tagen hatte man im Bildungsministerium einmal mehr verteidigt, dass der Verein weiter sein Programm anbieten könne, wenn das von Lehrern und Eltern gewünscht sei. Die inkriminierten internen Schulungsmaterialien, in denen Homosexualität als heilbares Identitätsproblem dargestellt und kein Sex vor der Ehe propagiert wurde, seien laut Teenstar veraltet und würden nicht mehr verwendet. Die Prüfung der aktuellen Unterlagen, die Teenstar vorlegte, habe keine Anhaltspunkte ergeben, dass der Verein nicht rechtskonform arbeite.

Schulen sollen aus einer Liste wählen

Jetzt klingt das anders. In den vergangenen Wochen seien im Bildungsministerium immer mehr Beschwerden über Teenstar eingelangt. Zudem seien neuerlich problematische Materialien aufgetaucht. Im „Falter“ ist konkret die Rede von einem Handout für einen Workshop zu Fruchtbarkeit, in dem Mädchen lernen, ihre fruchtbaren Tage zu deuten, indem propagiert wird, die Pille zu vermeiden und gelehrt wird, dass nur Mann und Frau zusammengehören. Das Ministerium hält solche Aufklärungskurse für nicht altersadäquat und kritisiert, dass sie altmodische Rollenbilder verfestigen würden.

Die Zusammenarbeit mit Teenstar soll daher gestoppt werden. Eine entsprechende Empfehlung will Faßmann nun an die Bildungsdirektionen in den Bundesländern schicken. Ein Verbot der Tätigkeit ist laut Ministerium nicht möglich. Insgesamt soll aber die Kooperation mit Aufklärungsvereinen überarbeitet werden. Ab dem Schuljahr 2020/21 soll es einen Akkreditierungsrat geben, der entscheidet, welcher Verein in der Sexualpädagogik an den heimischen Schulen tätig sein darf. Die Vereine sollen einen Lehrplan vorlegen und eine altersadäquate Methodik belegen müssen. Die Schulen sollen dann aus einem Pool an zugelassenen Vereinen auswählen können.

Derzeit sind dem Bildungsministerium 98 verschiedene Vereine bekannt, die im Bereich Sexualpädagogik in den Schulen eingesetzt werden. Das dürften aber gar nicht alle sein. Denn welche externen Workshops es an Schulen gibt, wird vor Ort entschieden. In den vergangenen Wochen seien beim Ministerium jedenfalls auch Beschwerden über Vereine eingelangt, von denen man nicht einmal wusste, dass sie in Schulen tätig sind. „Für mich stellt sich die Frage, was die anderen Vereine machen, und ob das nur die Spitze des Eisbergs ist“, sagt der Bildungsminister zur „Presse“.

Mehr Elterninformation reicht nicht

Faßmann legt nun also einen Gang zu: Bisher hat das Bildungsministerium versucht, die von den ersten Berichten über Teenstar ausgelösten Diskussionen über Sexualpädagogik anders in den Griff zu bekommen („Die Presse“ hat berichtet). Ein neuer Erlass, der erst vergangene Woche herausgegeben wurde, sieht vor, dass die Lehrer im Raum bleiben, wenn außerschulische Vereine Workshops geben – was eigentlich schon bisher der Fall war –, und dass Eltern vorab über die Einbindung von Vereinen informiert werden müssen. Außerdem solle die Schulaufsicht genauer hinschauen und jedes Bundesland eine Stelle einrichten, an die sich Lehrer wenden können.

Der Verein Teenstar – der in fast 30 Ländern aktiv ist und sich als ein Programm versteht, „das jungen Menschen im Bereich Persönlichkeitsentwicklung, Freundschaft, Liebe und Sexualität Orientierung bietet“ – zeigte sich gestern Abend in einer Aussendung „verwundert“ über die Aussagen des Bildungsministers. Man nehme sie „mit Bedauern“ zur Kenntnis. Für Donnerstag wurde eine Pressekonferenz angekündigt, in der man ausführlich zur geäußerten Kritik Stellung nehmen werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.04.2019)

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