Gewalt an Schulen: Zum Abkühlen aus der Klasse

Es wird über Maßnahmen gegen Gewalt an Schulen diskutiert.
Es wird über Maßnahmen gegen Gewalt an Schulen diskutiert.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Im Bildungsministerium prüft man Möglichkeiten, um auffällige Schüler aus der Klasse zu nehmen – eine Maßnahme, die Lehrer schon lang einfordern. Wiens ÖVP-Chef Blümel fordert mehr Wertschätzung für Pädagogen.

Wien. Nachdem in der HTL Ottakring ein Lehrer einen Schüler anspuckte, wird weiter über Maßnahmen gegen Gewalt an Schulen diskutiert. Im Bildungsministerium von Heinz Faßmann (ÖVP) denkt man schon länger über Möglichkeiten nach, auffällige Schüler eine Zeit lang aus der Klasse zu nehmen („Die Presse“ berichtete).

Wie diese Maßnahmen im Detail aussehen könnten, wird derzeit geprüft und soll demnächst auch vorgestellt werden, wie es aus dem Bildungsministerium hieß. Angelehnt ist die Idee jedenfalls an die sogenannten Time-out-Klassen, wie sie der oberste Lehrergewerkschafter, Paul Kimberger, schon seit mehreren Jahren fordert.

„Wir sehen schon längere Zeit die Notwendigkeit, solche Klassen einzurichten“, sagt der Lehrervertreter zur „Presse“. „Und es gibt internationale Modelle, die sehr erfolgreich sind – etwa in Skandinavien.“ In solche Klassen sollen Kinder und Jugendliche laut Kimberger geschickt werden, wenn sie etwa wegen Gewaltvorfällen, wegen Verhaltensauffälligkeit oder auch wegen Krankheitsbildern nicht in die normale Klasse integrierbar seien.

Die Schüler sollen in den Extragruppen von Lehrern und Fachkräften – bis hin zu Ärzten – betreut werden, und zwar so lang, bis sie wieder in die Klasse integriert werden können. Wie lang das dauert, komme darauf an, meint Kimberger: Bei Gewalt könne eine relativ kurze Cool-down-Phase ausreichen, in anderen Fällen könne eine längere Dauer nötig sein.

Auch andere Maßnahmen sind in Planung: Laut dem Wiener ÖVP-Chef, Kulturminister Gernot Blümel, prüft man im Familienministerium mögliche Maßnahmen bei Schulpflichtverletzungen und Suspendierungen – er sprach von der Frage, welche Sanktionsmechanismen es geben könne und wie man ein Zeichen setzen könne, dass das „nicht in Ordnung“ sei.

Lehrer nicht der Sündenbock

Die Wiener ÖVP fordert angesichts des Falls an der HTL Ottakring für die Hauptstadt unter anderem eine unabhängige Stelle, an die Lehrer sich wenden können, ein Präventionsprogramm und einen Sozialpädagogen für jede Schule: Für dieses Personal ist, wie der ÖVP-Bildungssprecher Rudolf Taschner betonte, die Stadt zuständig.

Blümel warnte zudem davor, die Lehrer stets sofort zum Sündenbock zu machen, wie das im aktuellen Fall zunächst geschehen sei – bevor weitere Videos zeigten, wie die Schüler den Lehrer offenbar wiederholt schikaniert hatten.

Die Pädagogen hätten es generell immer schwerer, ihrem Beruf nachzugehen, sagte der Kulturminister: Die Verantwortung der Lehrer habe zugenommen, der Respekt ihnen gegenüber sei dagegen nicht unbedingt gewachsen – und gleichzeitig sei das Image des Berufs angekratzt. „Deshalb ist es Zeit für mehr Wertschätzung für den Lehrerberuf.“ (beba)

Auf einen Blick

Ausgelöst hat die Gewaltdebatte ein Vorfall an der HTL Ottakring: Dort hat ein Lehrer einen Schüler bespuckt. Später tauchten Videos auf, in denen die Schüler den Lehrer schikanierten. Die Wiener Bildungsdirektion hat eine eigene Kommission beauftragt, den Fall zu klären. Auch die Volksanwaltschaft prüft.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.05.2019)

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