PISA: Dramatischer Absturz beim Lesen

Totalabsturz PISA
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Bei der Lesekompetenz liegt Österreich nur noch knapp vor der Türkei. Österreichs Schüler verlieren auch in Mathematik und Naturwissenschaften deutlich. Die Politik sucht nach Erklärungen.

Österreich ist beim PISA-Test 2009 in allen Bereichen abgerutscht. Dramatisch sind die Ergebnisse beim Lesen, bei dem das Land nur noch knapp vor der Türkei liegt. Aber auch in den Naturwissenschaften und in der Mathematik hat Österreich im Vergleich der Leistungen der 15-/16-jährigen Schüler in 65 Ländern klar verloren.

Knapp vor der Türkei

Wie „Presse“-Recherchen vor der Präsentation der PISA-Studie heute, Dienstag, ergaben, liegt Österreich beim Lesen – dem aktuellen PISA-Schwerpunkt – nur noch rund 20 Punkte vor dem Türkei-Leseergebnis. Statistisch betrachtet bestünde damit kaum noch ein Unterschied zwischen den beiden Ländern. 2006, also beim vorigen PISA-Test, schlossen die traditionell schlecht liegenden Türken noch mit 447 Punkten ab, Österreich holte damals 490 Punkte (Platz 16 unter 30 OECD-Ländern).

Jetzt ist Österreich noch weiter auf 470 Punkte abgerutscht, das soll Platz 31 unter den nunmehr 34 teilnehmenden OECD-Ländern ergeben. Der OECD-Durchschnitt beim Lesen, das 2009 besonders genau geprüft wurde, beträgt nun laut „Presse“-Informationen 493 Punkte.

Asien und Skandinavien top

Besonders gut beim Lesen im Test vom Frühjahr 2009 soll sich Shanghai (China) geschlagen haben. Bei den vorigen Tests schnitten auch Korea, Hongkong (China), Kanada oder Neuseeland beim Lesen sehr gut ab. Hervorragend bei PISA 2009 lag in allen Bereichen wieder Finnland, das sich seit den ersten PISA-Vergleichen ab 2000 wiederholt als Testsieger erwiesen hat.

Bei den Naturwissenschaften ist Österreich mit minus 17 Punkten auf 494 Punkte gegenüber dem Ergebnis 2006 ebenfalls deutlich zurückgefallen, beim vorangegangenen Test lag man noch auf Platz zwölf von 30. Statistisch weniger wiegt der Absturz bei der Mathematik um minus zehn Punkten auf 495 Punkte, 2006 hat man noch Platz 13 belegt.

Fest steht: Österreich ist von einem eher mittelmäßigen PISA-Schüler 2006 zu einem schlechten Teilnehmer im internationalen Vergleich 2009 geworden. 2006 lag man bei der Mathematik und bei den Naturwissenschaften sogar noch signifikant über dem OECD-Durchschnitt. Beim Lesen befand man sich im Durchschnitt. Davon ist jetzt keine Rede mehr: Geht es nach PISA, dann ist die Kulturtechnik „Lesen“ in Österreich offenbar keine (mehr).

Schmied: Keine Verantwortung

SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied hat angesichts des schon länger kolportierten PISA-Debakels bereits mehrfach betont, nicht sie, sondern ihre Amtsvorgängerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) wäre für die Leistungen der heute 16-Jährigen verantwortlich. Ihre, Schmieds, Schulreformen – gerade auch bei der Lesekompetenz – würden sich erst ab 2015 bezahlt machen. Ex-Ministerin Gehrer und die ÖVP wehren freilich ab: Die Ministerin – immerhin schon drei Jahre auf ihrem Posten – sei in jedem Fall zur Verantwortung zu ziehen, sagte zuletzt unter anderem Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP).

Unklar blieb bis Montagabend, ob ein Schülerboykott die neuen PISA-Ergebnisse gedrückt hat: Der damalige Bundesschulsprecher Nico Marchetti hatte die 6500 am PISA-Test teilnehmenden Schüler in Österreich zu einer schwachen Performance aufgerufen – damit sollten sie unter anderem gegen datenschutzrechtlich umstrittene Fragebögen an Schulen und gegen Änderungen bei den schulautonomen Tagen protestieren. PISA (Programme for International Student Assessment) beleuchtet alle drei Jahre die Qualität von Schulsystemen. Zuletzt nahmen 65 OECD- und Partnerländer teil.

PISA

PISA (Programme for International Student Assessment) beleuchtet alle drei Jahre die Qualität von Schulsystemen. Zuletzt nahmen 34 OECD- und 31 Partnerländer weltweit teil. Mehr: Zehn Fragen zu PISA.

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