Bildungsvolksbegehren: Indirekt für Gesamtschule

Vernetzungstreffen zum Volksbegehren Bildungsinitiative
Vernetzungstreffen zum Volksbegehren Bildungsinitiative(c) dapd (Hans Punz)
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12 Forderungen packt die Gruppe um Ex-Vizekanzler Androsch in das Bildungsvolksbegehren, etwa mehr Ganztagsschulen und den Wegfall des Sitzenbleibens. Die Gesamtschule kommt nicht explizit vor.

Alle Pädagogen, inklusive der Kindergärtner, zum Bund, die verschränkte Ganztagsschule als Regelschule, auch beim Personalmanagement autonome Schulen, eine universitär-akademische Ausbildung aller Pädagogen, die systematische Abschaffung des Sitzenbleibens sowie mehr Geld für den Hochschulsektor und ein Ausbau der Studienförderung.

Das sind die Kernpunkte des vom Industriellen und Ex-Vizekanzler Hannes Androsch (SPÖ) am Donnerstag vorgestellten Bildungsvolksbegehrens. Indirekt wird außerdem die Forderung nach einer gemeinsamen Schule erhoben. Keine Aussage trifft der Text zu den Streitthemen Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen an den Unis.

Indirekt für Gesamtschule

Das Wort Gesamtschule wird nicht erwähnt. Stattdessen heißt es: "Wir fordern ein sozial faires, inklusives Bildungssystem, in dem die Trennung der Kinder nach ihren Interessen und Begabungen erstmals am Ende der Schulpflicht (also mit 15 Jahren, Anm.) erfolgt."

Zum Uni-Zugang wird Stelle betont, dass vom Kindergarten bis zu den Hochschulen "soziale Zugangshürden abgebaut und das studentische Förderungswesen nachhaltig ausgebaut werden" soll. An anderer Stelle plädiert das Volksbegehren für ein "faires und ausgewogenes Modell der Studienplatzfinanzierung".

"Wollten nicht in Falle tappen"

Die verbale Zurückhaltung bei der Gesamtschule erklärte Androsch damit, dass "diese Fixation, sich auf einen Punkt festzunageln, und diese scheinideologische Verbissenheit uns diese Paralyse und den Stillstand gebracht haben. Daher waren wir bemüht, in diese Falle nicht zu tappen, ohne deswegen an Klarheit einzubüßen."

Inwieweit am Ende des Tages tatsächlich die Gesamtschule stehe oder ob auch andere Wege nach Rom führen, könne und solle man jetzt nicht festlegen. "Da braucht man seine Energie nicht an Begriffen oder Reizwörtern verbrauchen." Auch Bernd Schilcher, Leiter des Volksbegehrens-Redaktionsteams, betonte bei der Pressekonferenz, dass "wir darauf verzichtet haben, mit Worten zu ärgern".

Studiengebühr "derzeit nicht brauchbar"

Studiengebühren hält Androsch derzeit für "kein brauchbares Instrument zur Finanzierung der Universitäten, die maßlos unterfinanziert sind". Wenn das Angebot nicht besser werde, gebe es dafür keine Rechtfertigung - und zum Angebot gehöre auch eine internationalen Maßstäben entsprechende Studienförderung, die derzeit nicht existiere.

Beim Thema Uni-Zugang ist er persönlich dafür, den betroffenen Unis autonome Steuerungsmöglichkeiten zu geben: "Entweder sie bekommen so viel Geld, dass sie die Kapazitäten haben, die sie für eine so große Studentenzahl brauchen, oder man muss ihnen Steuerungsinstrumente geben, wie sie die Fachhochschulen, Kunst- und Medizinuniversitäten schon haben".

Kein Anspruch auf Vollständigkeit

Mit dem Prozess und dem Text des Volksbegehrens ist Androsch zufrieden: Man sei in vielen Punkten in die Tiefe gegangen, obwohl man natürlich nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebe: "Wir können nicht in wenigen Wochen einen Masterplan aus der Hand schütteln."

Diese Verantwortung bleibe bei den politischen Entscheidungsträgern, das werde auch ein mehrjähriger Prozess werden. Daher werde auch sein Engagement nicht beendet sein, wenn man das Volksbegehren ins Parlament gebracht habe: "Wir werden auch beobachten, was in der Umsetzung passiert und ein waches, begleitendes Auge aufhalten."

"Nicht am Ende des Marathons"

Bisher habe allein schon die Tatsache der Ankündigung des Volksbegehrens "Bewegung in diesen stehenden Teich gebracht", so Androsch. Die "ganzen Zaubereien der Landeshauptleutekonferenz" zur Lehrerzuständigkeit seien bereits vom Tisch, "und die Sozialpartner hätten sich nicht getroffen, wenn es dieses Volksbegehren nicht gäbe".

Trotzdem werde das Volksbegehren allein nicht reichen: "Es wird ein langer Weg sein bis zur Umsetzung, mindestens zehn, 15 Jahre. Mit einem Volksbegehren-Start ist man noch nicht am Ende eines Marathons."

Zwei bis 2,5 Mio. Euro

Nun muss begonnen werden, Unterstützungserklärungen zu sammeln. Für die Einleitung eines Volksbegehrens sind 8032 Unterstützungserklärungen nötig. Erreicht die Initiative dann beim eigentlichen Volksbegehren selbst mindestens 100.000 Unterschriften, muss sie vom Nationalrat behandelt werden.

Für eine wirkungsvolle Kampagne zum Volksbegehren hält Hannes Androsch - von Bernd Schilcher als "Bildungsterminator" tituliert - mindestens zwei bis 2,5 Mio. Euro für erforderlich. Auch seine Firmen würden dafür einen entsprechenden Beitrag leisten, so Androsch bei einer Pressekonferenz. Er selbst bringe seine Freizeit ein. Eingeworbene Mittel, die nicht benötigt werden, sollen in einen Fonds oder eine Stiftung fließen, der Schüler, Studenten und Wissenschafter unterstützt.

(Ag. / Red.)

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