Sparkurs: Ethikunterricht vor ungewisser Zukunft

(c) FABRY Clemens
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Ein Komitee fordert die flächendeckende Einführung als Pflichtfach. Derzeit ist der Ethikunterricht in Österreich nur als Schulversuch eingeführt. Die Bundesregierung verweigert allerdings die Finanzierung.

Wien/Chs. Es ist die Angst vor einem ethischen „Vakuum“, die die Proponenten eines Personenkomitees um den evangelischen Bischof Michael Bünker eint: Immer weniger Schüler besuchen den Religionsunterricht, der Ethikunterricht ist bis heute nicht flächendeckend ausgebaut. Das soll sich ändern, so die Forderung. Kein Schüler solle maturieren, „ohne eine Grundbildung in ethischen und religiösen Fragen bekommen zu haben“, sagt Philosoph Peter Kampits, eines der Mitglieder des Komitees. Durch Entwicklungen in Medizin, Wirtschaft und den Medien entstünden „große ethische Herausforderungen“.

Derzeit ist der Ethikunterricht in Österreich nur als Schulversuch eingeführt. Die Direktoren können somit selbst entscheiden, ob sie für jene Schüler, die keiner anerkannten Religionsgemeinschaft angehören oder sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben, Ethik anbieten. Das Geld für den Unterricht müssen die Direktoren durch interne Umschichtungen selbst aufbringen, auch die Curricula sind nicht vorgegeben. Derzeit nehmen österreichweit 105 AHS-Oberstufen und 89 BHS am Schulversuch teil.

Das Komitee fordert die Übernahme des Schulfachs Ethik in den Regelunterricht – samt angemessener Finanzierung durch das Ministerium. Dort winkt man jedoch ab: Man unterstütze den Ausbau des Ethikunterrichts, heißt es auf Anfrage der „Presse“ im Büro von Ministerin Claudia Schmied (SPÖ). Die Ressourcen müssten jedoch schulautonom aufgebracht werden, und zwar „ohne dass die Qualität in anderen Fächern leidet“.

Religion: Kaum Abmeldungen

Die Regierung hatte die Einführung des Pflichtfachs Ethik eigentlich angekündigt. Durch die Verschiebung dieser Maßnahme spart man zwischen 2011 und 2013 nun 25,2 Millionen Euro, das ergab eine parlamentarischen Anfrage.

Peter Kampits übt heftige Kritik am Sparkurs: Es sei der Regierung „vielleicht gar nicht unrecht, dass sie sich auf budgetäre Zwänge ausreden kann“, so seine Vermutung. Schmied solle doch einfach das Bildungsinstitut BIFIE, das unter andrem für die PISA-Studie zuständig ist, auflösen und die eingesparten 90 Millionen Euro in den Ethikunterricht stecken.

Als Konkurrenz sieht Bischof Bünker die Ethik übrigens nicht. Die Zahlen der Abmeldungen vom Religionsunterricht seien konstant niedrig: Von den römisch-katholischen Schülern melden sich rund sechs Prozent ab, bei den evangelischen liegt der Anteil etwas höher.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2011)

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