Töchterle: "Uni-Gebührenregelung ist Übergangslösung"

REGIERUNGSKLAUSUR IN LAXENBURG: TOeCHTERLE
REGIERUNGSKLAUSUR IN LAXENBURG: TOeCHTERLEAPA/ROBERT JAEGER
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Der Appell des VfGH ist bei Uni-Minister Töchterle "angekommen". Dass sich die Rektoren angesichts der neuen Zugangsbeschränkungen vor Verdrängungseffekten fürchten, sei eine "eigenartige Sorge".

Die Presse: Die Regierung hat beim ewigen Streitthema Studiengebühren eine Einigung präsentiert. Ist das Thema damit nun endgültig vom Tisch?

Karlheinz Töchterle: Das Thema Studienbeiträge ist für mich nicht erledigt. Das, was wir jetzt beschlossen haben, sehe ich als Übergangslösung. Im nun beschlossenen Gesetz steht, dass die getroffene Regelung in Geltung bleibt, wenn wir bis 2014 keine Neuregelung der Studienbeiträge haben.

Das heißt, Sie werden weiter an einer Neuregelung arbeiten?

Derzeit arbeiten ja schon zwei Arbeitsgruppen an einer Neugestaltung der Studienbeiträge und Studienförderung. Eine davon wurde von der SPÖ bei ihrem Parteitag eingeführt. Die andere beschäftigt sich mit der sozialen Absicherung von Studierenden und wurde auf meine Initiative von der Hochschulkonferenz eingerichtet.

Sie haben die Hoffnung also noch nicht aufgegeben, die Skeptiker in der SPÖ von Ihrem Studiengebührenmodell zu überzeugen.

Ich würde es so sagen: Gelingt es uns in den Arbeitsgruppen, eine schlüssige Regelung der Beiträge auszuarbeiten und gleichzeitig eine bessere soziale Absicherung für Studierende zu beschließen, dann ist das Thema Studienbeiträge auch wieder zu diskutieren.

Vor wenigen Monaten haben Sie gesagt, Sie seien für eine reine Reparatur des Studiengebührengesetzes nicht zu haben. Nun ist nicht viel mehr daraus geworden. Sind Sie umgefallen?

Von einem Umfaller kann keine Rede sein. Sicher, mein Maximalziel war ein anderes. Ich wollte die Unis autonom darüber entscheiden lassen, ob sie Studienbeiträge wollen oder nicht. Mein Modell war mit der SPÖ nicht umsetzbar. Wir haben intensiv verhandelt und dabei ist eben eine Reparatur mit zwei Zusätzen herausgekommen. Das Wichtigste war, für die Universitäten Rechtssicherheit zu schaffen.

Es scheint, als brauche die Regierung in der Bildungspolitik einen Appell des Verfassungsgerichtshofs, um zu einem Kompromiss zu gelangen.

Das braucht sie nicht. Aber wenn die Positionen so weit auseinanderliegen, wie sie auseinander waren, dann sind solche Appelle zu hören. Würde die Regierung diesen Appell nicht ernst nehmen, wäre das sehr eigenartig.

In diesem Semester haben acht Unis bereits auf rechtlich unsicherem Boden Studiengebühren eingehoben. War es das wert? Hätten Sie nicht schon früher einer Reparatur zustimmen sollen?

Ich glaube, dass es das insofern wert war, als dadurch eine grundsätzlich positive Debatte über die Autonomie der Unis ausgelöst wurde.

War Ihr Zugeständnis bei den Studiengebühren Voraussetzung dafür, dass die SPÖ bei den Zugangsbeschränkungen eingelenkt hat?

So würde ich das nicht sagen. Aber ja, meine Bereitschaft, hier kompromissbereit zu sein, hat sich dadurch natürlich erhöht. Immerhin hat die SPÖ vom Dogma des ungeregelten Hochschulzugangs Abschied genommen. Die SPÖ akzeptiert jetzt, dass es in gewissen Fächern nicht reicht, immer mehr Geld hineinzugeben. Irgendwann braucht es eben auch eine zahlenmäßige Obergrenze. Dass die SPÖ das eingesehen hat, das rechne ich ihr hoch an.

Die Beschränkung weiterer fünf Fächer – Architektur, Pharmazie, Wirtschaftswissenschaften, Informatik, Biologie – kann trotzdem nur eine Übergangslösung sein. In ein paar Jahren werden andere Fächer heillos überlaufen sein.

Die Festlegung von Kapazitäten in diesen fünf Fächern ist ein Start in die Studienplatzfinanzierung (die Unis sollen dabei eine gewisse Summe Geld pro Studienplatz erhalten, Anm.). Im Laufe von drei Leistungsvereinbarungsperioden (diese dauern stets drei Jahre, Anm.) soll die Studienplatzfinanzierung dann weitgehend eingeführt werden.

Die Rektoren warnen vor einem Verdrängungseffekt und fürchten, dass andere Fächer unter einem zunehmenden Andrang leiden werden.

Das ist eine eigenartige Sorge. Natürlich werden Studierende, die in den stark nachgefragten Fächern keinen Platz mehr haben, in andere Fächer ausweichen müssen. Aber genau das wollen wir auch. Wir wollen die Studierendenströme besser steuern. Wir haben viele Fächer, in denen Platz ist. Warum sollen alle die Fächer studieren, in denen kein Platz ist?

Sollten in drei Jahren andere Fächer überfüllt sein, wird man dann dort Beschränkungen einführen?

Wir werden die Studienplatzfinanzierung weiter ausbauen und sie wird natürlich allmählich alle Fächer umfassen. Das heißt aber nicht, dass es überall Beschränkungen geben muss.

Die Zahl der Studienplätze orientiert sich nicht an den Kapazitätsgrenzen der Unis, sondern an der bisherigen Studienanfängerzahl. Wird damit die Überfüllung nicht fortgesetzt?

Diese Regelung ist plausibel. Denn die Zahl der Studienplätze darf nicht sinken. Man kann nicht plötzlich eine riesige Menge von Studierenden von gewissen Fächern aussperren. Wir müssen da den Wünschen der Studierenden Rechnung tragen. Man muss Zugangsregeln mit Augenmaß einführen und nicht mit der Brechstange.

Heißt das in der Praxis, dass es künftig etwa im Bereich Architektur nicht weniger Studienanfänger geben wird?

Die Architektur ist ein Sonderfall. In der Architektur wird es insgesamt eine Reduktion an Plätzen geben. Da ist es unmöglich, rein mit der Erhöhung der Professorenzahl befriedigende Betreuungsrelationen herzustellen. In allen anderen Fächern bauen wir die Plätze aus oder bleiben in etwa bei der Zahl, die wir jetzt haben, sodass es insgesamt nicht weniger Plätze gibt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.11.2012)

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