Wissenschaftsrat zweifelt an Linzer Med-Fakultät

Der Campus der Uni Linz
Der Campus der Uni Linz(c) APA
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Das Gremium kritisiert die fehlende Zeit- und Finanzplanung sowie zu niedrig angesetzte Kosten. Die betroffene Uni Linz wehrt sich.

Noch bevor Oberösterreich am 23. April in Wien die Kosten für die umstrittene, vom Land vehement eingeforderte Medizin-Fakultät an der Universität Linz auf den Tisch legen wird, hat der Wissenschaftsrat diesen Plänen erneut eine Abfuhr erteilt. Nach Vorlage eines ersten Konzeptes sieht der Rat "weiterhin keine Notwendigkeit, diese Neugründung zu forcieren", so das Beratungsorgan von Wissenschaftsminister, Universitäten, Nationalrat und Landtagen am Donnerstag.

Die Kritik im Detail: Nach wie vor fehle eine konkrete Zeit- und Finanzplanung für den Aufbau von Forschung und Lehre. Auch gebe es keine ausgewiesenen Schwerpunkte in der medizinischen Forschung am Standort, das Konzept für eine künftige profilbildende Forschung sei zudem nicht überzeugend. Und: "Die wenigen, in der Diskussion gemachten Angaben und Kommentare zur finanziellen Ausstattung geben Anlass zur Befürchtung, dass, um das Ziel einer Medizinfakultät auf jeden Fall zu erreichen, die tatsächlichen Kosten deutlich zu niedrig angesetzt werden", heißt es in dem Papier. Damit ließe die Fakultät sich zwar "womöglich irgendwie" rasch realisieren, klares Entwicklungspotenzial in Richtung einer leistungsfähigen anerkannten medizinischen Einrichtung lasse sich jedoch "in dem vorliegenden Konzept nicht erkennen", warnt der Rat in seiner Stellungnahme.

Die Uni argumentiere den Bedarf nach einer Medizin-Fakultät vor allem mit dem regionalen Ärztemangel. Durch zusätzliche Ausbildungsplätze allein sei dieses Problem allerdings nicht zu lösen, kritisiert der Wissenschaftsrat. Ungünstige Ärzteverteilung sei zudem ein länderübergreifendes Problem. Dazu komme, dass durch einen Ausbau der Studienplätze die Mediziner-Quote gegenüber der EU-Kommission schwerer mit einer drohenden Gefährdung der Gesundheitsversorgung argumentiert werden könne. Derzeit sind 75 Prozent der Studienplätze für Österreicher reserviert, 20 Prozent für EU-Bürger, fünf Prozent für Nicht-EU-Bürger.

Die Uni Linz weist die Einschätzungen des Wissenschaftsrates als voreilig zurück. Grundlage für die Stellungnahme sei "lediglich eine Powerpoint-Präsentation, die als Eröffnung eines Dialogs" im Uni-Ministerium gedacht war, so die Uni in einer Aussendung. Ein weiterer Kritikpunkt der Uni: Statt die "Chancen" einer Medizinischen Fakultät für den Wissenschaftsstandort Österreich zu erörtern, beziehe sich das Papier des Wissenschaftsrats nur auf Themen, "die im noch gar nicht im Detail erörtert wurden". In einem "Presse"-Interview nannte Uni-Linz-Chef Richard Hagelauer zuletzt übrigens die "klinische Altersforschung oder Versorgungsforschung" als möglichen Schwerpunkt der neuen Fakultät.

Uni-Projekt in Kärnten gescheitert

Während die politischen Verhandlungen über eine mögliche Medizin-Fakultät Linz noch weiter gehen, ist das Projekt einer privaten Medizin-Uni in Kärnten - wie vom neuen Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) bei seiner Regierungserklärung angekündigt - endgültig gestorben. Der Plan der in Wien beheimateten Sigmund-Freud-Privatuni (SFU) sah vor, bereits mit Herbst 2013 den Betrieb einer wegen hoher Studiengebühren als "Reichen-Uni" kritisierten Medizin-Fakultät in Klagenfurt zu starten. Laut übereinstimmenden Medienberichten wurde SFU-Rektor Alfred Pritz nun offiziell dazu aufgefordert, alle Aktivitäten in Zusammenhang mit der geplanten Medizin-Ausbildungsstätte in Klagenfurt umgehend einzustellen. Pritz soll nun seinerseits Schadensersatzforderungen erwägen, immerhin seien in den vergangenen fünf Jahren rund 500.000 Euro in das Projekt investiert worden.

(Red./APA)

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